Kärntner Leitfaden: Was fällt unter sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

Self defense
Das Papier dient vor allem als Grundlage für die Schulung von Führungskräften. Auftraggeber ist das Land.

Mehr als jede zweite Frau berichtet über Erfahrungen mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Das hat etwa der Arbeitsklima Index 2018 von der Arbeiterkammer Oberösterreich gezeigt. 

Doch im Berufsleben ist nicht nur sexuelle Belästigung ein Problem. Auch Gewalt und Mobbing kommen immer wieder am Arbeitsplatz vor. Zusätzlich gibt es auch Diskriminierung wegen des Geschlechts, des Alters, Behinderung, Weltanschauung oder sexuelle Orientierung. Aus diesem Grund wurde vom Land Kärnten ein Leitfaden in Auftrag gegeben. Dieser soll vor allem bei der Schulung von Führungskräften zum Einsatz kommen.

Prüfungsschema

Das Papier enthält unter anderem ein Prüfungsschema: Anhand von konkreten Punkten soll leicht erkannt werden können, ob Diskriminierung oder sexuelle Belästigung vorliegt. Unter anderem zeigt der Ratgeber auf, worin der Unterschied zwischen einem harmlosen Flirt und sexueller Belästigung liegt.

Beispiele für Belästigungen

Eindeutige ordinäre Worte, unsittliche Anträge oder sexuell eingefärbte Verspottungen werden in dem Leitfaden beispielsweise als sexuelle Belästigungen aufgezählt. Daneben natürlich auch das Begrapschen oder das Zur-Schaustellen von Genitalien und alle körperlichen Kontakte gegen den Willen des Opfers.

Auch Bemerkungen ohne sexuellen Bezug gelten als Belästigung. Darunter fallen etwa „Blondinenwitze“ oder Aussagen über Glatzen, das „Einparken“ von Frauen oder die Bezeichnung als "Tussi". Ebenfalls führt der Leitfaden abfällige Bemerkungen über die beruflichen Qualifikationen eines Geschlechts auf.

Keine (sexuelle) Belästigung stellt für den Leitfaden etwa fallweises Erzählen sexuell gefärbter Witze dar, die nicht beanstandet wurden. Das orientiert sich an der aktuellen Rechtssprechung. Ebenso wie Komplimente ohne abschätzigen Charakter oder Küssen als sozial anererkanntes und übliches Ritual. Und auch folgendes zählt laut Broschüre nicht dazu: Berührungen an der Taille bei Geburtstags- und Weihnachtsfeiern.

Schamanismus als Religion

Religion ist gesetzlich vor Diskriminierung geschützt. Allerdings ist eine gesetzliche Anerkennung der Glaubensgemeinschaft nicht erforderlich. Das heißt, auch Gläubige nicht anerkannter Religionen können diskriminiert werden. So sind unter dem Leitfaden etwa Schamanismus, Scientology und Salafismus eher als Religion anzusehen, während Vegetarismus oder Veganismus allenfalls als Weltanschauung anzusehen sind. Und dabei handelt es sich um einen Grenzbereich.

Rauchen ist keine Weltanschauung, ebenso wenig die Angehörigkeit zu einem Fan-Club, unter anderem auch von Fußballvereinen. In Ausnahmefällen kann hier aber ein weltanschaulicher Hintergrund bestehen (zB gegen die Kommerzialisierung des Sports).

Fallbeispiele für konkrete Belästigungen:

  • Ihr Mohammed, für den Sie fasten, war bekanntlich ein Kinderschänder
  • Geht’s uns heute nicht gut? Und wir müssen für die Ramadan-Hungerkünstler arbeiten!
  • Wie kommen‘s denn heute nach Hause, vielleicht auf einem fliegenden Teppich!
  • Diese Geschichten können Sie sich sparen. Die gehören in 1001 Nacht. (Grenzfall)
  • Die Sprüche Ihrer „Kuttenprunzer“ können Sie sich hier im Betrieb sparen.
  • Ein Schweinsbraterl für den Herrn Kümmeltürken gefällig? (zu einem türkischen Staatsbürger)

 

Das sind die Strafen

Bei schweren Beeinträchtigungen der Persönlichkeit und der sexuellen Integrität sind laut Leitfaden durchaus Entschädigungen in der Höhe von 10.000 Euro und mehr (bei entsprechender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit) angemessen.

Bei unerwünschtem Nachpfeifen oder Abbusseln werden 1.000 Euro als angemessen bezeichnet. Bei Versprechen einer guten Karriere gegen sexuelle Handlungen 3.000 bis 6.000 Euro, bei guter wirtschaftlicher Lage der Täter auch 15.000 Euro, bei "qualifizierten Fällen" mit langer Dauer und schweren psychischen Beeinträchtigungen bis 50.000 Euro und mehr.

Kärntens Gleichbehandlungsreferentin Landesrätin Sara Schaar (SPÖ) sagte am Mittwoch bei der Präsentation: „Der Leitfaden soll die Unsicherheit im Umgang mit dem Thema nehmen, indem Betroffenen und Vorgesetzten ein standardisierter Ablauf sowie entsprechender Schutz geboten wird.“

Einen Leitfaden dieser Art gibt es laut Schaar bisher nur in Salzburg. "Es geht darum, als Dienstgeber präventiv und verantwortungsbewusst vorzugehen," so Schaar

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