Manipulativ
„Jack Unterweger war der manipulativste Mensch, den ich je kennengelernt habe“, erinnert sich Ernst Geiger. Der ehemalige Kriminalist war Leiter der Sonderkommission. „Vor allem Frauen hat er um den Finger gewickelt.“ Geiger selbst erinnert sich an Unterwegers aufbrausende Art. „Bei mir hat seine Masche nicht funktioniert. Bei der Einvernahme ist er ausgerastet. Er hat mir den Namen ,Geifer’ gegeben.“
Nur ein paar Monate nach Unterwegers Entlassung aus dem Gefängnis begann eine Mordserie. Elf Frauen, allesamt Prostituierte, wurden getötet, alle auf die gleiche Weise: Sie wurden mit ihrer eigenen Unterwäsche stranguliert.
20 Monate, 50 Frauen
Doch Unterweger war lange nicht im Visier der Ermittler. Aus einem einfachen Grund: Er passte nicht zum gesuchten Tätertyp. Die Polizei ging davon aus, dass es sich um einen Einzelgänger handelt, der Hass auf Frauen hatte, der mit ihnen nicht umgehen kann. Bei Unterweger war das Gegenteil der Fall.
Er verkehrte in der Schickeria, wickelte die Frauen reihenweise um den Finger. „Er war 20 Monate in Freiheit. Wir haben 50 Frauen im Alter von 15 bis 65 Jahren gefunden, die mit ihm da eine Beziehung hatten“, schildert Ernst Geiger. „Darunter eine vermögende Unternehmergattin, die ihm Wohnung, Ford-Mustang und eine monatliche Apanage bezahlt hat. Andere Frauen haben für ihn Kredite aufgenommen.“
Allerdings befand sich Unterweger stets an jenen Orten, an denen es zu Frauenmorden kam – in Wien, Graz, Prag und Los Angeles, wo er Lesungen hielt. Letztlich waren es aber ein Haar und eine Textilfaser, die vor exakt 30 Jahren zur Flucht in die USA und zum Haftbefehl geführt haben: In Unterwegers Auto wurde ein Haar gefunden, das mit hoher Wahrscheinlichkeit einem der Opfer zugerechnet werden konnte erstmals überhaupt in Österreich wurde ein DNA-Gutachten vor Gericht zugelassen. Auf dem Kleid einer anderen Frau wurde eine Faser gefunden sie erwies sich als identisch mit jenem Material, aus dem auch ein Schal Unterwegers hergestellt war.
Auslieferung
Nach der Verhaftung in Miami wurde Unterweger nach Österreich ausgeliefert, Gerichtsstandort war Graz. Juristin Astrid Wagner war damals Rechtspraktikantin am Straflandesgericht und erlag dem Charme Unterwegers und der Faszination des Medienphänomens.
Diese Beziehung arbeitete die Rechtsanwältin viele Jahre später in ihrem Buch „Verblendet“ auf. „Dass er ziemlich brutal eine 18-Jährige umgebracht hat, habe ich ausgeblendet und mir schön geredet“, beschreibt Wagner in Interviews. Die Anzüge, die er beim Mordprozess 1994 trug, besorgte Wagner, sie reinigte auch Unterwegers Wäsche. „Ich war schwer verblendet. Aber ich war auch fasziniert von ihm.“
Die Juristin war damit nicht allein. In der U-Haft erhielt er Unmengen an Post vor allem von Frauen: An die 40 Briefe pro Tag, viele mit Nacktfotos als Beigabe.
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