Ischgl: Republik bestreitet Vorwürfe von Verbraucherschützern

Ischgl entwickelte sich zu einem Corona-Hotspot
Den Sammel-Klägern müsste die epidemiologische Gefahr bekannt gewesen sein, argumentiert die Finanzprokuratur.

Nachdem der Verbraucherschutzverein (VSV) Ende September vier Amtshaftungsklagen gegen die Republik Österreich aufgrund der Causa Ischgl eingebracht hat, bestreitet die Finanzprokuratur als Rechtsanwalt der Republik die Vorwürfe. Dies ging aus einer nun erfolgten Klagebeantwortung hervor. Zudem wurde angegeben, dass etwa ein Allein- bzw. Mitverschulden aufgrund von "Sorglosigkeit" der Kläger geprüft werden müsse.

Es wurde argumentiert, dass unter anderem bereits seit Ende Februar die ersten Infektionen in Tirol bekannt gewesen waren und die Infektionszahlen im benachbarten Italien angestiegen waren. "Dem Kläger mussten die mit dem Covid-19-Virus verbundene epidemiologische Gefahr und die Gefährlichkeit des Covid-19-Virus bekannt gewesen sein" - dennoch habe er sich dazu entschieden, nach Ischgl zu reisen.

VSV: "Täter-Opfer-Umkehr"

Für den VSV sei diese Klagebeantwortung eine "ungeheuerliche Täter-Opfer-Umkehr". Der Verein werde "die falschen Darstellungen Punkt für Punkt widerlegen" und habe bereits "weitere Klagen gegen die Republik eingebracht". Man werde dies auch weiterhin tun. Nachdem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nicht auf den Vorschlag des Vereines, einen "Runden Tisch" einzuberufen, einging, "werden wir im Jahr 2021 auch eine Sammelklage mit tausenden KlägerInnen organisieren". Der VSV hatte an Kurz appelliert, eine außergerichtliche Lösung zu finden.

In dem Tiroler Wintersportort Ischgl war es zu einem größeren Ausbruch des Coronavirus gekommen. Die ersten Fälle waren Anfang März bekannt geworden, die Ansteckungen sollen vor allem in Apres-Ski-Lokalen passiert sein. Den Behörden war vorgeworfen worden, zu spät und nicht umfassend genug reagiert zu haben.

Irreführende Landesaussendungen

Ein bereits präsentierter Expertenbericht unter dem Vorsitz von Ex-OGH-Vizepräsident Ronald Rohrer sah kein Versagen, aber Fehleinschätzungen. Druck aus der Tourismuswirtschaft auf Entscheidungsträger wurde nicht festgestellt. Der Report hat aber gerade auf die Rechtssicht der Finanzprokuratur, die "Sorglosigkeit" der Kläger in den Raum stellt, höchst relevante Passagen.

Die Rohrer-Kommission kritisiert nämlich explizit zwei Aussendungen des Landes rund um die ersten Ischgler Corona-Fälle, in denen die Gefahr runtergespielt wurde. „Tourismusbetriebe und Gäste haben die Ankündigung als behördliche Information ernst genommen“, heißt es in dem Bericht.

Ischgl: Republik bestreitet Vorwürfe von Verbraucherschützern

Bei der ersten als "falsch" deklarierten Aussendung, wurde von der Landissanitätsdirektion am 5. März erklärt, dass in Island positiv getestete Ischgl-Heimkehrer sich vermutlich auf dem Rückflug angesteckt hatten. Wörtlich hieß es: „Aus dieser Sicht erscheint es wenig wahrscheinlich, dass es in Tirol zu Ansteckungen gekommen ist.“ Diese Information wurde auch vom TVB Ischgl an die Tourismusbetriebe im Ort verschickt.

Die nächste schwere Fehleinschätzung erfolgte am 8. März - einen Tag nach dem im "Kitzloch" erstmals ein Mitarbeiter positiv getestet wurde. „Eine Übertragung des Coronavirus auf Gäste der Bar ist aus medinzinischer Sicht eher unwahrscheinlich“, wurde die Landessanitätsdirektion zitiert.

Der Verbraucherschutzverein (VSV) hatte eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck eingebracht. Mehr als 6.000 Tirol-Urlauber aus 45 Staaten hätten sich beim VSV als Geschädigte gemeldet. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck leitete wegen des Verdachts der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten ein Ermittlungsverfahren ein, dieses war vorerst noch im Laufen.

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