Kickls geheimer Reformplan: Ein neues „Super-BVT“

Wo der Nachrichtendienst werkt: Verfassungsschutz-Gebäude in Wien-Landstraße.
Erste Details: 100 zusätzliche Beamte und neue Struktur, bei der viele Spitzenposten neu besetzt werden könnten.

Nach der BVT-Razzia ist vor dem Umbau. Diese Woche erhielten dreizehn Stellen des Ressorts erste Informationen, wie der neue Verfassungsschutz ausschauen soll. In dem Papier, das dem KURIER vorliegt, ist bereits der Starttermin genannt: der „01. Juli 2019“.

Besonders ein Absatz sorgt für Aufregung hinter den Kulissen: „Die Einrichtung der neuen Organisationseinheit (...) sieht folgende Schritte vor: Durchführung eines Auswahlverfahrens zur Gewinnung von geeignetem Personal im Dezember 2018/Februar 2019.“

Intern wird mancherorts sogar befürchtet, dass alle BVT-Mitarbeiter nun durch ein Auswahlverfahren müssen – die Rede ist von einer computerunterstützen, psychologischen Eignungsprüfung (im Dezember) und einem psychologischen Interview mit Assessment-Center (im Februar 2019). Dazu wird befürchtet, dass man nun auch alle Spitzenposten neu ausschreiben könnte. Auf diese Variante griff einst Innenminister Ernst Strasser ( ÖVP) zurück, um die Polizei umzufärben, wie viele bis heute behaupten.

„FPÖ-Nachrichtendienst“

„Sie machen de facto einen Geheimdienst im Geheimdienst – mit Leuten, die sie sich aussuchen. Das wird offenbar eine Art FPÖ-Nachrichtendienst“, sagt Nationalrat Jan Krainer (SPÖ) zum KURIER. „Wir prüfen, ob das rechtlich auf Basis des Staatsschutzgesetzes überhaupt möglich ist. Und wir fragen uns, ob die ÖVP wirklich zuschauen will, wie sich Minister Herbert Kickl eine blaue Stasi aufbaut.“

Kickls geheimer Reformplan: Ein neues „Super-BVT“

Krainer: "FPÖ-Nachrichtendienst"

Michaela Kardeis, Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit, widerspricht: „Wir reden hier nicht von allen Posten. Man muss sich jeden Arbeitsplatz einzeln anschauen“. Laut rechtlicher Lage können Posten neu ausgeschrieben werden, wenn es 25 Prozent Veränderung am Arbeitsplatz gibt, ab 50 Prozent müsse das sogar passieren. Vorrangig gehe es darum aus dem BVT „ein Schmuckkästchen“ zu machen.

Die ursprüngliche Idee – die Innenminister Herbert Kickl im Frühjahr auf einer Pressekonferenz vorgestellt hat – war, die Kriminalbeamten des BVT zum Bundeskriminalamt zu verlagern. Dass das nun abgeblasen ist, bestätigt Kardeis: „Es gab ein paar Varianten. Das Ergebnis ist nun: Trennung ja, aber innerhalb des BVT auch aus Gründen der Akzeptanz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“.

„Weiterentwicklung“

Vor allem die Abteilung 2 des BVT wird aufgespalten oder „weiterentwickelt“, wie es Kardeis nennt. Darin befindet sich neben dem Referat Terrorismus (und vielen anderen Themen) auch der Bereich Extremismus. Also jenes Referat, bei dem die Opposition dem Innenminister vorwirft, dass er dieses mit den Hausdurchsuchungen ausschalten wollte. Die Referatsleiterin G., die im Ausschuss davon sprach, dass sie entfernt werden soll, könnte so abgesetzt werden.

Kickls geheimer Reformplan: Ein neues „Super-BVT“

Kardeis sieht "Weiterentwicklung"

Kardeis betont, dass es sich um eine Trennung in „allen Aufgabenbereichen des präventiven Staatsschutzes“ handle, nicht nur im Extremismusbereich. Um dieses Referat gehe es nicht, sondern um „Professionalisierung“. Sie betont, dass es mehr Schulungen für das neue Personal geben wird. Davon ist auch in dem Informationsschreiben die Rede. Bisherige Mitarbeiter müssten sich nicht neu bewerben.

„Jetzt hat man die Idee, man belässt diese Mitarbeiter im BVT und gründet eine neue eigene Organisationseinheit, die die schweren Waffen in die Hand bekommt“, wettert hingegen Krainer. „Die alten BVT-Mitarbeiter werden sie wohl auf die Seite räumen und aushungern oder Dienstzuteilungen nicht verlängern.“

Laut KURIER-Informationen wird das BVT außerdem um rund 100 Beamte aufgestockt. In dem Schreiben des Innenministeriums ist von „Stärkung der Vorfeldaufklärung“ die Rede und von „zusätzlicher, neu zu schaffenden Personalressourcen“. Kardeis bestätigt, dass derzeit eine Prüfung laufe, die 100 Mann dürften „in der Größenordnung etwa stimmen“.

Weiter heißt es: „Die künftig sowohl durch die Informationsbeschaffung als auch durch die kriminalpolizeiliche Ermittlung gewonnenen Erkenntnisse bilden eine wesentliche Voraussetzungen zur Beurteilung von Gefahren (...) und dadurch für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit in Österreich“. Die Bewerbungsphase für den neuen Verfassungsschutz hat bereits begonnen. Bis spätestens 23. November müssen sich Interessenten schriftlich bewerben.

Wochenkommentar: Helmut Brandstätter über 100 Jahre Republik, US-Wahlen und BVT

Kommentare