Aufreger im Wahlkampffinale: "Spaziergang" zu Haus von Politikerin

Gerald Depaoli hat seine Anhänger zu einem Lokalaugenschein beim Haus einer Gemeinderätin eingeladen
Bürgermeister Willi ortet einen sich formierenden Mob. Der Hauskauf seiner Listenzweiten schlägt seit Tagen Wellen.

Gerald Depaoli ortet hinter jeder Ecke einen Skandal. Und teilweise wird der Rechtspopulist, der als Mandatar für sein „Gerechtes Innsbruck“ im Gemeinderat sitzt und dort bei der Wahl am Sonntag wieder hin will, auch fündig. Um Aufmerksamkeit zu generieren, hat er laut eigenen Angaben rund 900 Facebook-Videos in den vergangenen sechs Jahren produziert.

Zimperlich ist er bei seinen Attacken auf politische Gegner nie, der persönliche Untergriff gehört zum Repertoire. Mit einem filmischen Aufruf am Wochenende hat Depaoli nun aus Sicht von Bürgermeister Georg Willi (Grüne) den Bogen überspannt: 

"Der Mob formiert sich"

„Es reicht, der Mob formiert sich bereits“, kommentierte der Stadtchef die Einladung Depaolis an seine Anhänger, zwecks Lokalaugenschein mit ihm am Montagabend einen „Abendspaziergang“ zum Haus von Willis Listenzweiter, Gemeinderätin Janine Bex, zu machen.

Deren Immobilie – eine sanierungsbedürftige Berghütte im Wald oberhalb von Innsbruck – lässt im Finale des Wahlkampfs seit Tagen die Wogen hochgehen. Ausgangspunkt war ein Bericht der Tiroler Krone vom Donnerstag, die titelte: „Polit-Promi rodet Stadtwald für Hauptwohnsitz im Grünen.“ Im Artikel war dann auch noch von einem „Schnäppchenpreis“ die Rede sowie von einer „Verdoppelung der Gesamtbaumasse“.

Schnell war klar, dass es sich beim namentlich nicht genannten „Polit-Promi“ um Bex handelte, es hagelte Kritik von allen politischen Seiten. Von den Hauptvorwürfen blieb dann nicht viel übrig. Der gerodete Wald befindet sich nämlich auf einem Nachbargrundstück und wurde, wie die Eigentümerin und die Feuerwehr erklärten, wegen Gefahr im Verzug geschlägert.

Lücke ermöglicht Ausbau

Erworben hat Bex die alte Berghütte bei einer Versteigerung und will sie nun laut eigenen Angaben sanieren. Auch von einer Verdoppelung der Baumasse könne keine Rede sein. Vielmehr werde diese mit einem Anbau um die von der Tiroler Raumordnung ermöglichten 25 Prozent – konkret um 100 Quadratmeter – vergrößert.

Hier setzt wiederum die Kritik der von den Grünen abgespaltenen Ex-Klubobfrau Renate Krammer-Stark (Lebenswertes Innsbruck) an, die inzwischen bei „Das neue Innsbruck“ angedockt hat. Sie erinnert daran, dass Bex einen Paragrafen in der Raumordnung ausnützt, die gerade von den Grünen immer stark kritisiert worden sei. 

Nämlich dass das Gesetz den Abriss und Neubau inklusive Erweiterung von Gebäuden im Freiland ermöglicht. Und um ein solches handelt es sich. „Entsprechende Bauansuchen wurden von den Grünen aus Gründen des Boden- und Klimaschutzes inhaltlich und moralisch immer strikt abgelehnt“, so Krammer-Stark.

Für Emotionen sorgen aber vor allem die geschlägerten Bäume, die wiederaufgeforstet werden sollen. Sie sind auch Dreh- und Angelpunkt von Depaolis Aktion. 

„Ich kann mich nicht erinnern, dass in der österreichischen Politik jemals dazu aufgefordert wurde, sich auf den Weg zur Privatwohnung einer Politikerin zu machen – woran es mich erinnert, sind rechte Mobs in Ostdeutschland, die Fackelzüge vor Privathäusern von Politikern veranstalten“, zieht Willi einen drastischen Vergleich – auch wenn Bex und ihre Familie derzeit noch nicht in dem Haus leben.

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