Immer mehr Unfälle mit Fahrerflucht auf Skipisten
Makellos weißer Schnee, der Blick auf die Berge, ab und zu lugt die Sonne durch die Wolkendecke – es könnte so schön sein auf Österreichs Skipisten. Die Idylle trügt: Täglich werden aus dem Westen des Landes Skiunfälle gemeldet. Nicht selten fahren die Verursacher einfach weiter und lassen ihre Opfer im Stich. "Man will sich von so einem Unfall ja nicht den schönen Skitag verderben lassen", drückte es zuletzt Sandra Polasek recht treffend aus. Ihr achtjähriger Sohn war am Mittwoch wegen zwei rücksichtsloser Holländer aus dem Sessellift gestürzt (siehe unten).
Egoismus
Des Eindrucks, dass auf den Skipisten die Ellbogen ausgefahren werden, kann sich Matthias Grünwald, Alpinpolizist im Salzburger Skiort Flachau, nicht erwehren: "Fahrerflucht kommt immer häufiger vor. Ob das Egoismus ist oder Unbedachtheit, wüsste ich selber gerne", sagt er. Auf der Piste gelte dasselbe wie im Straßenverkehr: Kommt eine Person zu Schaden, muss das der Polizei gemeldet werden. In der Saison 2013/’14 gab es in ganz Österreich 3703 Pistenunfälle mit Fremdverschulden, bei 902 davon flüchtete der Verursacher – das ist ein knappes Viertel. Seit Saisonbeginn im November 2014 kam es bereits zu 1089 Unfällen, 234 mit Fahrerflucht.
Die Chance, die Täter auf der Piste zu finden, sei gleich null, sagt Grünwald: "Suchen Sie einmal eine bestimmte Person, die laut Beschreibung eine grüne Skihose anhat." Darum setze die Alpinpolizei auf die Zusammenarbeit mit den Liftbetreibern. Nicht selten liegen Personenbeschreibungen unter den Kassentresen. Die beiden Holländer, die für den Unfall mit dem Achtjährigen verantwortlich waren, wurden zum Beispiel auf diese Weise ausgeforscht.
Viel los: "Weana Woche"
Grundsätzlich gilt laut Grünwald: "In den viel befahrenen Skigebieten gibt es natürlich mehr Unfälle, aber die wirklich schweren passieren dort, wo wenig los ist. Die Leute trauen sich mehr zu rasen, wenn sie Platz haben." Flachau ist eines der beliebtesten Skigebiete Salzburgs. Während der "Weana Woche" (die Semesterferien in Wien, Anm.) sei es derart überrannt, dass so mancher Einheimischer lieber auf das Skifahren verzichtet.
Auch in Oberösterreich und Tirol kam es diese Woche zu schweren Unfällen mit Fahrerflucht. Im Skigebiet Dachstein-West (OÖ) wurde ein zwölfjähriger Bub von einem unbekannten Skifahrer mit hohem Tempo niedergefahren. Der Bub brach sich den Arm, der Rowdy machte sich aus dem Staub. In Inneralpbach (Tirol) brach sich eine 35-jährige Polin das Bein, weil sie von einem Unbekannten auf der Piste gerammt wurde.
Seiner Verantwortung gestellt hat sich hingegen ein 17-jähriger Snowboarder am Donnerstag im Skigebiet Wilder Kaiser (Tirol). Er kollidierte mit einem 57-jährigen Deutschen, der erst stürzte und dann noch mit dem Kopf gegen eine Liftstütze prallte. Der 17-Jährige blieb beim Verletzten, bis der Notarzthubschrauber eintraf.
Der Skifahrer, der im Februar 2014 Ex-Innenminister Ernst Strasser in Gosau angefahren hatte, wurde übrigens noch immer nicht ausgeforscht. Strasser musste im März mit einem Gipsfuß in den Gerichtssaal hinken.
Der Gips am Arm juckt ein bisschen, Schmerzen hat er aber keine mehr. Matthias Polasek aus Wien geht es drei Tage nach seinem Unfall im Skigebiet Flachau den Umständen entsprechend gut. Wie berichtet, war der Achtjährige am Mittwoch aus einem Sessellift gefallen, weil zwei holländische Skifahrer beim Ausstieg den Bügel zu früh geöffnet hatten. Matthias brach sich bei seinem Sturz aus fünf Metern Höhe die Elle und trägt jetzt einen Gips.
Von den 50- und 62-jährigen Urlaubern, die dafür verantwortlich sind und Matthias verletzt liegen ließen, hat die Familie nichts mehr gehört. „Ich hätte mir eine Entschuldigung erwartet“, sagt Mutter Sandra enttäuscht. Dem Kind hätten sie nicht geholfen, weil das ohnehin andere erledigt hätten, erklärten sie der Polizei. Sie werden u.a. wegen unterlassener Hilfeleistung angezeigt.
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