Im Supermarkt: Auf der Suche nach dem Sonnenblumenöl
Rund um die Thaliastraße im 16. Bezirk hat man die Supermarktauswahl – Penny, Hofer, Billa, Spar oder Lidl. Während das Angebot und die Preise unterschiedlicher nicht sein könnten, vereint sie derzeit eine Sache: das fehlende Sonnenblumenöl. "Das kommt nicht mehr", sagt eine Verkäuferin auf Nachfrage. "Derzeit keine Lieferung", sagt ein Verkäufer eines anderen Ladens. Dass sie die Frage schon öfter gehört haben, merkt man. Die Antwort kommt so prompt.
Wirtschaftskammer warnt vor "Hamstern"
Der Obmann des Lebensmittelhandels, Ali Celik, sagt: "Wenn auch kaum mehr Sonnenblumenöl erhältlich ist, gibt es eine Vielzahl von anderen Ölen, die für den Salat, das Kochen und Braten verfügbar sind. Hamsterkäufe bringen gerade im Speiseölbereich wenig da die Haltbarkeit beschränkt ist".
Leere Bereiche
Lidl-Sprecher bestätigen auf Anfrage, dass es Herausforderungen im Bereich Speiseöl gebe, aber keine besonderen Auffälligkeiten.
Auch Mehl fehlt
In den Regalen fehlt in manchen Märkten auch "griffiges Mehl".
Leere Bereiche
Lidl-Sprecher bestätigen auf Anfrage, dass es Herausforderungen im Bereich Speiseöl gebe, aber keine besonderen Auffälligkeiten.
Rapsöl als Ersatz
Einer der genannten Märkte hat den Bereich des Sonnenblumenöls gegen Rapsöl eingetauscht. Ein kluger Schachzug – leere Regale gibt es so nicht. Neben fehlendem Sonnenblumenöl ist es derzeit auch schwierig, griffiges Mehl zu finden. (Olivenöl, Rapsöl, oder glattes Mehl gibt es jedoch.) Decken sich also die Menschen mit Sonnenblumenöl ein? Oder warum kann es derzeit vorkommen, dass Kundinnen und Kunden wieder vor leeren Regalen stehen?
Grund für den Mangel soll der Krieg in der Ukraine sein. Die weltweit wichtigsten Exporteure für Sonnenblumenöl sind Russland und die Ukraine: 2021 wurden weltweit 12,17 Millionen Tonnen Sonnenblumenöl exportiert. Die so viel zitierte "Kornkammer" (wegen Weizen- und Öl-Produktion) Europas erlebt seit dem Einmarsch der russischen Truppen am 24. Februar eine humanitäre Katastrophe. Ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung ist auf der Flucht. Es wird also kaum Sonnenblumenöl aus der Ukraine geliefert werden. Heimische Gastronomen wissen das schon lange: "Schon vor drei Wochen haben wir Anrufe unserer Lieferanten erhalten, dass pro Betrieb nur noch 50 Liter Öl pro Woche gekauft werden können", erzählt Hans Figlmüller vom gleichnamigen Schnitzelimperium.
"Vor Wochen warnten uns unsere Lieferanten, dass wir nur noch 50 Liter Öl pro Betrieb und Woche kaufen können"
Für jeden Betrieb brauche er eine Palette pro Woche, also rund 1.000 Liter. "Sonst können wir nicht kochen", merkt er an. Aus Sorge, bald kein Sonnenblumenöl oder andere Speiseöle zu bekommen, haben sich die Figlmüllers Öl von anderen Anbietern gesichert. Der Preis war plötzlich von 12,90 Euro auf 28,90 Euro gestiegen. Gefunden haben sie schließlich Öl für 18,30 Euro. Und für die Lagerung hat sich die Figlmüller-Familie extra eine Garage an einem geheimen Ort angemietet. Schließlich will man nicht irgendwann ohne Öl dastehen.
Ganz so dramatisch sieht es aber Patrick Herz von Agrarmarkt Austria nicht. Denn Österreich importiere lediglich 0,13 Prozent seiner Rapsölimporte aus der Ukraine. Die Sonnenblumenölimporte Österreichs stammen zu 2,89 Prozent aus der Ukraine. Somit gebe es aufgrund der Pflanzenöllieferungen zwischen Österreich und Ukraine keine direkte Abhängigkeit. Österreich produziert auch selbst und bezieht zusätzlich Ware aus Ungarn.
Laut Handelsverband werden aber Lebensmittel aus der Ukraine in der Gastronomie eingekauft und verwendet, weil das günstiger ist – beziehungsweise war. Der Großhandelskonzern Metro bestätigt, dass der Verkauf von Sonnenblumenöl/Speiseöl limitiert wird. "Neukunden dürfen keine Paletten kaufen, bei 10-Liter-Boxen von Speise- und Frittierfetten dürfen drei Einheiten gekauft werden", heißt es. Die anderen Märkte verneinen im Gespräch mit dem KURIER eine Rationierung oder gar einen Mangel.
"Im Dezember zahlten wir 8,40 Euro für 10 Kilo Sojagranulat, jetzt sind es 16,80 Euro. Die Preise werden steigen müssen"
Der Preis wird steigen
"Bei uns werden die Preise steigen müssen", sagt Irene Schillinger. Die 50-jährige Geschäftsführerin der veganen Restaurants Swing Kitchen führt elf Filialen (Wien, Innsbruck, Berlin, Bern, Graz). "Wir frittieren mit Rapsöl, Sonnenblumenöl ist in unseren Saucen. Durch die Nachfrage auf das Öl und auch auf Soja ändern sich die Preise", sagt sie. Die EU-Landwirtschaft hängt nämlich auch von Soja – welches auch als Tierfuttermittel genützt wird – aus der Ukraine ab. "Im Dezember haben wir 8,40 Euro für 10 Kilo Sojagranulat gezahlt, jetzt sind es 16,80 Euro", erklärt sie.
Auf europäischer Ebene wird eine mögliche Lebensmittel-Verknappung durch den Krieg schon länger thematisiert. Aus dem Sozialministerium wird bestätigt, dass beispielsweise Chips-Hersteller dank einer EU-Verordnung auf ihrer Verpackung Sticker etwa mit der Aufschrift "Sonnenblumenöl durch Rapsöl ersetzt" anbringen dürfen, um Verpackungsmaterial zu sparen.
Fritz Gattermayer, Lektor zum Thema Weltagrarmärkte an der Universität für Bodenkultur, will beruhigen: In Österreich sei kein Versorgungsthema zu befürchten, denn Österreich importiert in vielen Bereichen weniger, als es exportiert. Zu befürchten seien Teuerungen.
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