Vor ihrer Werkbank reckt ein Vogelstrauß seinen Kopf in die Höhe: Er ist in keinem guten Zustand mehr. Zerzaust. Ton bröckelt aus der Haut. Simone Hujber, die Präparatorin im „Haus der Natur“, wird ihn wieder auf Vordermann bringen. Daneben: Zarte Exemplare aus der Welt der Vögel. Ihr Federkleid muss neu arrangiert werden. Und ein Äffchen darf mit Fixiernadeln im Kopf ausnahmsweise unecht aussehen.
Präparatorinnen wie Simone Hujber brauchen – egal ob Reparatur oder neues Präparat – viel Gespür für die Natur und die Bewegungsmuster der Tierwelt, Geschicklichkeit und eine enorme Beobachtungsgabe. „Ich schaue mir total gern Dokus an“, erzählt sie, die aus der PR-Branche kommt. Die Sehnsucht nach einer handwerklichen Tätigkeit war groß. Wenn Hujber erzählt, dass sie Tieren die Haut abzieht, sorgt das zuerst einmal für Gänsehaut: Doch wer mehr erfährt, kommt schnell einmal ins Staunen. Einfache Techniken des Ausstopfens sind heute längst überholt. Die Anfänge gehen bis ins alte Ägypten zurück. Tiere wurden damals als Grabbeigaben haltbar gemacht. Später waren die Präparate auch eine wichtige Grundlage in der Forschung. Man versuchte so, die Anatomie von Lebewesen besser zu verstehen. Konserviert wurde in der Renaissance beispielsweise mit Gewürzen, Kampfer und Schwefel, was eine deutlich begrenzte Haltbarkeit bedeutete.
Präparate von früher sind oft richtig schwer: Konstrukte aus Holz, Metall oder Drähten wurden heute längst von Schaumstoff-Varianten abgelöst. Ein Segen für riesige Abbilder wie etwa der Stier Excalibur, der mitten in der Ausstellungshalle alle Blicke auf sich zieht.
Die Arbeitsschritte beim Präparieren
Zuerst einmal fertigt die Präparatorin Skizzen an. Auf Modelle wird dann eine Schicht aus Ton gegossen und dort ein möglichst naturnahes Bild der Natur eingearbeitet: von Muskelfasern bis zu Adern, die sich unter der Haut abzeichnen. Dann ähnelt die Arbeit der Bildhauerei.
Das Wickeln von Holzwolle, eine traditionelle Methode, wird heute noch bei kleinen Präparaten gern angewendet. Ein Knackpunkt sind die Augen: Wer etwa den Basstölpeln (Meeresvögel) in der Ausstellung tief in die Augen blickt, wird gar nicht bemerken, dass es sich eigentlich um Glasaugen handelt.
Auch die neueste Generation von„Naturabbildern“ bekommt in der Sonderschau eine Bühne: Im hauseigenen 3-D-Drucker werden täuschend echte Modell wie das einer Zartschrecke produziert. Wieder ein Grund zu staunen: Auch hier braucht es noch Handarbeit. Einzelne Teile werden verklebt, geschliffen und Haare oder Stacheln einzeln angeklebt.
Aufwand für Sonderschauen ist enorm
Sonderausstellungen fordern die Abteilung „Kunst und Handwerk“ im Haus. Schon Monate vor Start wird mit ersten Planungen begonnen. Die Tischler bauen gerade Übergangsquartiere, denn im Reptilienzoo startet heuer noch eine große Sanierung. „Die Bereich ist in die Jahre gekommen. Die Technik und die Konstruktion der Terrarien sind nicht mehr zeitgemäß“, schildert Robert Lindner, seit Juli neuer Direktor. Auch eine inhaltliche Umstrukturierung ist geplant. Neben einzelnen Tieren wird es mehr Lebensraumsituationen geben. Eine Wiedereröffnung des Traktes ist für Herbst/Winter 2023 geplant.
Das Haus ist seit den 1980er-Jahren ein Magnet vor allem auch für Familien. Der Direktor will es in eine starke Zukunft führen. Große Änderungen im Konzept braucht es nicht: „Das ,Haus der Natur‘ ist ein Erfolgsmodell. Wir versuchen vor allem, in Sonderausstellungen verschiedenste Anknüpfungspunkte zum Thema Natur zu bieten.“ Die Besucherzahlen geben ihm recht.
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