Tiercoach: Moderne Heilkunde ist nicht immer die beste Medizin

Tiercoach: Moderne Heilkunde ist nicht immer die beste Medizin
Tierärzte haben viele Möglichkeiten, Patienten zu versorgen. Grenzen gibt es trotzdem.

Haustiere werden geliebt: Je inniger die Bindung des Halters zu seinem Vierbeiner, desto eher will er dem Patienten die beste medizinische Versorgung zukommen lassen. Das geht aus einer Wiener Studie hervor.

In einer österreichweiten Befragung bejahten knapp zwei Drittel der Hunde- und Katzenbesitzer, dass ihr „Haustier Zugang zu denselben Behandlungsoptionen haben sollte, die für menschliche Patienten verfügbar sind“. 

Für ein Drittel geht moderne Medizin zu weit

Eine Mehrheit war auch bei den Diagnosemöglichkeiten für die Gleichstellung. Ein knappes Viertel der Befragten dagegen lehnte dies ab. Ein Drittel befand gar, dass die moderne Veterinärmedizin zu weit gehe.

„Die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten für Tiere entwickeln sich laufend weiter. Individuelle Grenzen sind zu besprechen“, sagt Zoodoc Katharina Reitl. Der KURIER-Tiercoach erklärt, welche Faktoren limitieren und warum nicht alles, was machbar ist, tatsächlich hilft.

„Vor zwanzig Jahren war Physiotherapie für Vierbeiner kaum bekannt, heute ist sie komplett etabliert“, sagt Reitl. Ebenso können Dialyse, Chemotherapie, minimalinvasive Eingriffe oder MRT-Untersuchungen bei Haustieren zum Einsatz kommen. 

Nicht jede Behandlung für alle Haustiere möglich

Manches bleibt freilich Theorie. Mäuse etwa sind zu klein für das Infusionsbesteck. Für den seltenen Vogel findet sich kaum ein entsprechender Blutspender. Bei mancher Tierart fehlen Erfahrungen mit der Insulin-Therapie. 

Mitunter sind Patienten derart gestresst, dass jede Maßnahme erfolglos bleibt.

„Heute wird kein Haustier mit simplem Beinbruch mehr eingeschläfert“, sagt die Tierärztin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn. 

Nicht jede Therapie ist sinnvoll

Auch für einige Hirntumore oder bei Leukämie gibt es Behandlungen, die Lebenszeit bzw. Heilung bringen. In anderen Fällen muss das Machbare in Frage gestellt werden. Nicht jeder Halter kann sich die Ausgaben leisten, nicht alle verfügen über eine Versicherung. Zudem kann der zeitliche Aufwand für Kontrollen und Pflege die Möglichkeiten übersteigen. 

Letztlich sollte immer das Wohl des Patienten im Vordergrund stehen.

„Das Wichtigste ist der Austausch mit dem Tierarzt des Vertrauens. Nur im Gespräch lassen sich Entscheidungen treffen“, sagt der Zoodoc. Der Veterinärmediziner kennt seinen Schützling, er ist vernetzt und weiß, welcher Spezialist noch helfen kann.

Bei ihm laufen die Fäden wieder zusammen, wenn Befunde „ausgedeutscht“ und weitere Schritte abgeklärt werden sollen. Er sieht, wenn der Vierbeiner am Ende ist.

„Es findet nicht nur ein Transfer von der Human- in die Veterinärmedizin statt. Auch die Tiermedizin bringt immer wieder Gamechanger“, sagt KURIER-Tiercoach Reitl. Und weiter: „Die vielen Möglichkeiten nehmen dem Halter die Verantwortung aber nicht ab, was er dem Vierbeiner schuldig ist und wann er loslassen muss.“ 

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