Spendenaffäre: "Mayr hat sich auf Glatteis begeben"

Politikwissenschaftler Hubert Sickinger gilt als Experte für Parteienfinanzierung
Politologe Hubert Sickinger sieht in der Spenden-Akquise von Wohnbaulandesrat Hans Mayr "ein Problem".

Salzburgs Wohnbaulandesrat Hans Mayr steht mit seiner "Bürgergemeinschaft" massiv unter Beschuss. Mayr hatte eingeräumt, Spenden und Kredithaftungen von Bauunternehmen erhalten zu haben, um seinen Wahlkampf für die Landtagswahl im April zu finanzieren. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft prüft nach Anzeigen ein Ermittlungsverfahren. Der KURIER bat den Politikwissenschaftler Hubert Sickinger von der Universität Wien um eine Einschätzung.

KURIER: Welche Regeln müssen Politiker und Parteien auf Landesebene bei der Annahme von Parteispenden grundsätzlich beachten?

Hubert Sickinger: Erstens müssen sie die Regeln nach dem Parteiengesetz des Bundes befolgen, wonach Spenden über 3500 Euro in einem Rechenschaftsbericht aufzunehmen sind. Liegt eine Spende über 50.000 Euro, ist sie sofort dem Rechnungshof zu melden. Der Bericht ist bis Ende September des Folgejahres dem Rechnungshof zu übermitteln. Das hat die Partei von Hans Mayr bisher nicht getan, obwohl sie seit April 2016 existiert. Das andere ist das Korruptionsstrafrecht.

Was ist darin untersagt?

Amtsträger dürfen keine Spenden oder sonstigen Vorteile annehmen, die die Amtsführung beeinflussen könnten. Wobei es bei einem Wohnbaulandesrat ein Problem ist, wenn er aktiv von Baufirmen Spenden und Kredithaftungen für den Wahlkampf haben wollte. Die Argumentation, dass er eh keine Spenden angenommen hat von Firmen, die von der Wohnbauförderung profitiert haben, ist zu kurz gegriffen. Als Mitglied der Landesregierung kann er generell Entscheidungen des Landes beeinflussen, die für die Baubranche oder einzelne Bauunternehmen relevant sein können.

Hans Mayr hat behauptet, dass für ihn andere Transparenz-Regeln gelten, weil seine neu gegründete Liste nicht im Landtag vertreten ist und daher auch keine Parteienförderung erhält. Inwiefern ist das richtig?

Es stimmt juristisch nicht. Es gelten für ihn und seine Partei die Regelungen des Parteiengesetzes des Bundes – die Verpflichtung, einen Rechenschaftsbericht für das Jahr 2016 zu erstellen. Für eine spezielle Salzburger Regelung gilt es aber: In Salzburg müssen Landtagsparteien zudem Spenden zwischen 500 und 3500 Euro dem Landesrechnungshof melden, der sie dann veröffentlicht. Das trifft Mayrs Partei nicht zu, weil es sich nicht um eine „Landtagspartei“ handelt – er ist ja nur Regierungsmitglied, die Partei hat keine Abgeordneten.

Unabhängig davon bleibt eine schiefe Optik. Hat Mayr hier eine Grenze überschritten?

Politisch ganz sicher. Man sieht ja an den Debatten im Land, dass er sich offensichtlich auf glattes Eis begeben hat. Es wurde zumindest berichtet, dass er aktiv bei Baufirmen angefragt hat um Haftungen für einen Wahlkampfkredit und offensichtlich auch für Spenden. Falls das zutreffen sollte, dann war das keine Idee, die in sich der Baubranche entwickelt worden ist, sondern die offenbar von ihm kommt.

Sehen Sie auf Länder-Ebene Reformbedarf bei den Transparenzregeln für Parteifinanzen?

Nicht speziell auf Landesebene, generell aber schon. An sich muss jede politische Partei, die seit 1.1.2000 beim Innenministerium gemeldet worden ist und auch ältere, die seither bei Wahlen kandidiert haben, einen Rechenschaftsbericht ablegen. Jetzt kann man sagen, das ist ein Irrsinn für kleine Parteien, zwei Wirtschaftsprüfer dafür beauftragen zu müssen. Aber bei Parteien, die eine gewisse finanzielle Bedeutung haben und einige Zehn- oder Hunderttausend Euro umsetzen, die die Rechenschaftspflichten ignorieren, da ist es ein Problem.

Und im Falle von MayrsBürgergemeinschaft“?

Für diejenigen, die eine politische Bedeutung haben wie jene von Hans Mayr, ist es genauso. Bei ihm sieht man eine Lücke im Parteiengesetz ganz klar: Für den Fall, dass überhaupt keine Rechenschaft abgegeben wird, findet sich keine Sanktion im Parteiengesetz. Das gehört dringend saniert.

Konsequenzen gibt es bisher nur, wenn der Bericht unvollständig oder fehlerhaft ist?

Ja. Wenn zum Beispiel die Auflistung von Einnahmen und Ausgaben nicht korrekt ist, kann es eine Geldbuße bis zu 30.000 Euro geben. Oder wenn eine Spende nicht ordnungsgemäß deklariert ist, kann das bis zum Dreifachen der nicht genannten Spende gehen. Das sind also empfindliche Sanktionen. Aber wenn überhaupt kein Rechenschaftsbericht abgegeben wird, gibt es unverständlicherweise überhaupt keine Sanktionen.

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