Heißes Eisen Sterbehilfe: Wenn Lebenseinstellungen aneinander prallen
Ein Gesetz zur Neuregelung des assistierten Suizids dürfte noch länger auf sich warten lassen. Das Justizministerium hat am Montag den Schlussbericht zum dafür eingerichteten „Dialogforum“ veröffentlicht. Wie schon im Vorfeld der Veranstaltung gehen die Standpunkte, wie man mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) umgehen soll, weit auseinander. Die Höchstrichter hatten im Dezember die Strafbarkeit der Beihilfe zum Selbstmord als unzulässig erklärt.
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hatte ursprünglich angekündigt, einen Gesetzesentwurf zur Regelung des assistierten Suizids noch vor dem Sommer zu präsentieren. Diese Frist ist nun verstrichen, im Justizministerium fehlt derzeit noch der politische Auftrag dafür. Auch der Schlussbericht des „Dialogforums“ kann eine koalitionäre Einigung nicht ersetzen. Bei der mehrtägigen Online-Diskussion ging es lediglich darum, Standpunkte zu erörtern.
Ausbau Palliativversorgung
Vertreter wissenschaftlicher Organisationen, Kirchen und religionsnahe Vereine sowie ziviler Organisationen haben nun ihre Standpunkte dargelegt. Konsens konnte nur in wenigen Punkten erzielt werden. Einigkeit gibt es unter anderem in der Frage, dass das Netzwerk der Hospiz- und Palliativversorgung ausgebaut gehört. Offen ist aber auch hier die Frage der Finanzierung. Auch dass es vor einem solchen Schritt umfassende Aufklärung geben soll, finden so gut wie alle Teilnehmer.
Weitgehend ähnlich sind die Standpunkte, dass die Entscheidung zum assistierten Suizid nur von Menschen getroffen werden kann, die dazu auch unbeeinflusst fähig sind. Wie der „freie Wille“ aber eindeutig festgestellt werden kann, ist ein weiterer zu klärender Punkt, fiele ein solcher Schritt andernfalls unter Fremdtötung bzw. fahrlässige Tötung und wäre somit strafbar. Bei der Willenserklärung selbst könnte man sich an der Patientenverfügung orientieren, unterschrieben müsste die immer von der betroffenen Person selbst sein.
Wer darf?
Völlig unklar ist noch, wer den assistierten Suizid überhaupt durchführen soll. In Umfragen werden Ärzte bevorzugt, deren Vertreter sehen die Übernahme einer solchen Verantwortung aber weitgehend kritisch. Eine weitere Möglichkeit wäre, den assistierten Selbstmord in die Hände von eigens darauf spezialisierte Stiftungen zu legen. Konsens gibt es lediglich bei der Wahl der Methode, nämlich durch ein Suizidpräparat. Und auch hier spalten sich die Geister, ob dies ein Arzt verschreiben soll oder eine Verfügung reicht.
Keine Rolle im derzeitigen Gesetzgebungsprozess spielt derzeit übrigens die verfassungsrechtliche Absicherung des Verbots der Tötung auf Verlangen, welche der VfGH nicht aufgehoben hat. Dies hatte zuletzt die katholische Bischofskonferenz gefordert. Sollte die Regierung übrigens keine neue gesetzliche Regelung zusammenbringen, wird der Spruch der Verfassungsrichter ab Jänner kommenden Jahres so oder so schlagend.
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