Heimat, fremde Heimat - erkennen Sie Österreich?
Woran denkt der Tourist aus den USA, wenn er Österreich auf seiner Europatour einplant? Was will der Deutsche, wenn er die Ösis besucht? Und welche Vorstellung haben wir selbst von unserem Land? Irgendwas mit Bergen, Seen und Mozartkugeln?
Martina Bednarik, Marken-Managerin der Österreich-Werbung, bestätigt die typischen Österreich-Bilder: „Bergwelt und klare Seen stehen für die Destination Österreich. Allerdings wollen wir unsere Werbung nicht auf diese schnellen Bilder reduzieren.“ Die Erwartungshaltung der Gäste sei je nach Land unterschiedlich – in China etwa ist man vom imperialen Erbe Österreichs begeistert. „Wir passen die Strategie natürlich den Erwartungen an. Aber wir wollen keine Klischees bedienen. Es gibt mehr als Sisi. Wir wollen die Vielfalt Österreichs unterstreichen und nicht nur Stereotypen wiederholen.“
Termine mit KURIER-Fotografen sind aufregend. Vor allem inhaltlich. Man weiß nie. Der eine macht still seine Bilder, kaum, dass man ihn hört und sieht. Der andere führt Co-Interviews. Der dritte lässt Jung-Journalisten gleich zu Beginn wissen: „Du, schreib deinen Aufsatz.“ Tatsächlich der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Spannend sind solche Termine auch deshalb, weil die Fotografen immer Bescheid wissen. Würden sie nie zugeben, „bin ja nie in der Redaktion“, sagen sie dann gern. Tatsache ist, dass die Fotografen am meisten herumkommen und immer wissen, was läuft.
Sie haben den Durchblick, in jeder Hinsicht. Gilbert, Gerhard, Franz, Jürg, Jeff: Danke für Optik und Inhalt! Eure Red.
Beinahe Jesolo
Gewissermaßen das Gegenteil von Stereotypen hat Architekturjournalist Wojciech Czaja in seiner Fotoserie „Almost“ gezeigt, für die er seit dem ersten Lockdown auf der Vespa quer durch Wien düst und Orte findet, die „Almost“, also „beinahe“ wie andere Städte wirken. So liegt etwa das Hotel Capricorn beim Wiener Schwedenplatz für den Stadt-Reisenden Czaja eindeutig in Jesolo, die Triester Straße wird bei ihm zur Via Appia, der Wiedner Gürtel zum Broadway.
Das Buch „Almost – 100 Städte in Wien“ (Edition Korrespondenzen, 232 S., 20 €) kam vergangenen Herbst heraus, es folgte eine Ausstellung im Wien Museum und demnächst kommt „Almost 2“. Neben Czajas eigenen Entdeckungen sind darin auch Bilder anderer Fotografen zu sehen, die die Idee des Weltreisens im eigenen Land übernommen haben. Assoziationen zu fremden Orten, an denen wir schon gewesen sind oder zumindest eine Vorstellung von ihnen haben, haben stets mit Klischees, mit Bildern im Kopf zu tun, die einer Überprüfung nicht immer standhalten würden. Wie sehr entspricht Österreich seinen eigenen Klischees? „Typisch österreichisch“ mag es in der Österreich-Werbung geben. Bei genauerem Hinschauen ist die Frage komplizierter. Hier Berge und Seen, dort der Hang zum Morbiden und zum Gestern. Um beim Klischee zu bleiben: wohl auch eine Sache für Psychoanalytiker – Erwin Ringel schau oba. Die österreichische Seele, ein weites Land? Czaja: „Eine gewisse Rückwärtsgewandtheit kann man der österreichischen Seele schon anlasten.“
Mag das Gestern in Österreich eine große Rolle spielen, Weltstädte lassen sich nicht nur in Wien, sondern im ganzen Land finden. Ob man Antwerpen im Hafen von Linz, eine Brise Rom unterm Innsbrucker Triumphbogen oder das Flair von Ljubljana in Graz spürt, liegt im Auge des Betrachters. Die KURIER-Fotografen haben auf ihren Österreich-Reisen folgende Entdeckungen gemacht: Zwischen Vorarlberg und Wien liegen Bali, Texas und Alice’s Wunderland. Bloß weiße Kaninchen wurden keine gesichtet.
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