Corona-Hilfen: Hanke gründet zweite „Stolz auf Wien“-GmbH
Die Stadtregierung hat in ihren Bemühungen, krisengebeutelte Unternehmen zu retten, einen doch überraschenden Schritt gesetzt.
Sie hat jetzt eine zweite „Stolz auf Wien“-GmbH gegründet, mit der sie sich an ausgewählten Unternehmen beteiligt. Der Fokus liegt auf Wiener Firmen aus Tourismus, Hotellerie und Gastronomie – mit den ersten Interessenten steht man bereits kurz vor Abschluss.
Warum das (zumindest auf den ersten Blick) so überraschend ist? Die „Stolz auf Wien“-GmbH – also die erste, bereits seit einem Jahr bestehende – gilt in Wien gemeinhin nicht als großer Erfolg. Die Beteiligungen liefen, wie der KURIER berichtet hat, nur schleppend an (Details siehe unten).
Die Probleme bei der ersten „Stolz auf Wien“-GmbH dürften zugleich der Grund sein, warum der zuständige Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) einen zweiten Anlauf nimmt.
Denn: Die neue Beteiligungs-GmbH ist anders strukturiert als die erste – und soll Unternehmen rascher unter die Arme greifen können, wie Hanke im Gespräch mit dem KURIER sagt. Die Abläufe innerhalb der ersten GmbH hätten sich „im Nachhinein als komplexer“ entpuppt, als er das erwartet habe, sagt Hanke. „Deshalb haben wir jetzt nachjustiert.“
Da sich die Stadt über die erste GmbH an den Unternehmen tatsächlich beteiligt, ist eine strenge Prüfung nötig. Ein eigener Investitionsbeirat wurde eingerichtet, auch das EU-Beihilfenrecht kommt dabei zu tragen. Viel Bürokratie also.
Vor etwas mehr als einem Jahr präsentierte die Stadt eine Corona-Hilfsmaßnahme der anderen Art: Mit einer Beteiligungs-GmbH wollte man Wiener Unternehmen nicht nur mit Fremdkapital, sondern mit Eigenkapital auf die Beine helfen. Salopp gesagt: eine Art Rückkehr der (Teil-) Verstaatlichung.
Die Ausgangslage Die Firmen, an denen sich die Stadt beteiligen wollte (und will), müssen „identitätsstiftend für Wien“ sein. Und: Sie müssen an sich wirtschaftlich gesund sein. Die Beteiligungen sind auf eine Million Euro oder 20 Prozent pro Firma beschränkt und laufen maximal sieben Jahre. Wer sich bewirbt, wird streng geprüft.
Die „Stolz auf Wien“-Beteiligungs-GmbH ist formal eine Tochter der Wien Holding und der Wiener Wirtschaftskammer. Das erste Geld, 40 Millionen Euro, kam zur Hälfte von der Stadt. Fünf Millionen Euro lieferte die Kammer, der Rest kam unter anderem von Erste Bank, Bawag/PSK und der Wiener Städtischen.
Erste Hürden Bald zeigte sich: Ganz so einfach ist die Sache nicht. Das Konzept war so sauber aufgesetzt und der Kriterienkatalog so streng, dass die Prüfung der Bewerber lange dauerte. Aus Sicht der Steuerzahler ist das begrüßenswert, attestierten damals Ökonomen. Für die Hilfesuchenden ist es schwierig.
Und: Das Modell einer Beteiligung bedeutet für die Unternehmer, dass sie weitreichende Rechte an ihre Retter abtreten müssen. Das ließ so manchen zögern.
Zwischenbilanz Nach einigen Monaten zeigte sich: Das Instrument kann einzelne Unternehmen retten, für die breite Masse ist es nicht geeignet. 60 Unternehmen wurden seit Mai des Vorjahres geprüft, mit sieben Unternehmen wurde die Stadt – Stand heute – schließlich handelseins. Die ersten Unternehmen, die im Herbst präsentiert wurden, waren der Juwelier Frey Wille und der Mineralölhändler Adamol.
Kritik der Opposition Ein gefundenes Fressen für die Wiener Opposition, die von der Stadt raschere, unbürokratischere Hilfen einforderte. Die „Stolz auf Wien“-GmbH wurde zum Spielball im beliebten Match Stadt gegen Bund. Vor allem die Wiener ÖVP nutzte zuletzt jede Gelegenheit, um auf die aus ihrer Sicht rascheren Corona-Hilfen des Bundes zu verweisen.
Haselsteiner an Bord
In der zweiten „Stolz auf Wien“-GmbH treten nun ausschließlich private Investoren auf, die insgesamt 3,1 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Die Stadt ist über ihre Wien Holding de facto Managing Partner und hält 20 Prozent am Stammkapital.
Das Geld kommt unter anderem von der Immofinanz AG und der ZMH GmbH, hinter der Hans Peter Haselsteiner steht. Für Hanke ein Beweis, „dass die Investoren gemeinsam für den Wirtschaftsstandort Wien einstehen“.
Die neue GmbH erwirbt auch keine Anteile an den geretteten Unternehmen, sondern nur sogenannte Genussrechte. Auf diese Weise werde ebenfalls Eigenkapital äquivalent zugeschossen, die Unternehmer müssten aber weniger Rechte abtreten, so Hanke.
Das erleichtere in die Krise geschlitterten Firmen die Entscheidung, sich helfen zu lassen. „Wir haben so einen erweiterten Bewegungsspielraum“, sagt Hanke.
Die Fördersummen in der neuen GmbH sind ebenfalls geringer: Maximal 300.000 Euro werden pro Unternehmen ausgeschüttet. In der ersten „Stolz auf Wien“-GmbH sind es bis zu zwei Millionen Euro pro Unternehmen.
Vier neue Teilnehmer
Auch eine Liste an neuen Firmen, die die Stadt retten will, präsentiert Hanke: Die erste „Stolz auf Wien“-GmbH beteiligt sich an „Gentletent“ (ein Unternehmen für innovative Campingprodukte – etwa aufblasbare Zelte), an „Ciro“ (ein Hersteller von Designschmuck) und an dem Vorstadt-Lokal Berger & Lohn aus dem 18. Bezirk. Insgesamt hält man damit bei sieben Beteiligungen.
In der zweiten „Stolz auf Wien“-GmbH steht man ebenfalls vor drei Vertragsunterzeichnungen – davon wird ein Unternehmen bereits genannt: das Restaurant Buxbaum im Heiligenkreuzerhof in der Inneren Stadt.
„Vor allem Gastro-Betriebe benötigen, wenn der Lockdown endet, rasch Hilfe“, sagt Hanke zum KURIER. Daher auch der Fokus auf Tourismus und Gastronomie. „In Krisenzeiten wie diesen ist für Unternehmen vor allem die Zufuhr von Eigenkapital essenziell“, sagt „Stolz auf Wien“-Geschäftsführerin Barbara Forsthuber.
Neue Führung
Forsthuber hat schon bisher die Geschicke von „Stolz auf Wien“ geleitet und bleibt weiter im Amt – sie erhält aber neue Unterstützung. Und zwar von Helmut Richter, der bis Ende des Jahres 2020 Vorstand und Geschäftsführer des Verkehrsbüros war. Forsthubers bisheriger Co-Geschäftsführer Philipp Walter „widmet sich neuen beruflichen Herausforderungen“.
Noch im Mai will Hanke zwei weitere Unternehmen für „Stolz auf Wien“ präsentieren. Und: Der Stadtrat kündigt an, dass die Initiative verlängert werden könnte. Unternehmen sollen bis ins Jahr 2022 um städtische Hilfe ansuchen können.
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