Häusliche Gewalt, Unfälle: So wirkt sich Hitze auf unser Verhalten aus

Häusliche Gewalt, Unfälle: So wirkt sich Hitze auf unser Verhalten aus
Die hohen Temperaturen haben negative Effekte für einen überraschend großen Teil der Bevölkerung. Das zeigt eine aktuelle Studie.

Die verheerenden Auswirkungen von Hitzewellen sieht man derzeit deutlich an den schweren Waldbränden im Süden Europas. Die steigenden Temperaturen wirken sich aber nicht nur auf die Umwelt aus, sondern auch auf unser Verhalten.

Das zeigt eine aktuelle Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Über einen Zeitraum von zwei Monaten wurden österreichweit 1.200 Personen zu ihren Erfahrungen mit Hitze befragt.

Die Auswertungen zeigen deutlich: Die Hitze macht uns aggressiver. "35 Prozent der Befragten räumen ein, dass Hitze bei ihnen selbst schon einmal zu Gereiztheit beziehungsweise erhöhter Aggression geführt hat. 40 Prozent haben so ein Verhalten schon in ihrem Umfeld registriert", sagt Armin Kaltenegger, Leiter des Fachbereichs Eigentumsschutz im KFV.

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Durch die erhöhte Aggression verändere sich bei vielen Menschen auch die Reizschwelle, ergänzt Umweltmediziner Hans-Peter-Hutter. "Gewaltdelikte nehmen in Hitzephasen generell zu. Amerikanische Studien zeigen, dass vor allem die Delikte Mord, Vergewaltigung, aber auch tätliche Übergriffe und Diebstähle zunehmen", sagt Hutter.

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Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine Studie, die in der Fachzeitschrift JAMA Psychiatry veröffentlicht wurde. Wissenschaftler verfolgten dafür die Erfahrungen von mehr als 190.000 Frauen und Mädchen aus Indien, Pakistan und Nepal im Alter von 15 bis 49 Jahren. Dabei wurde festgestellt, dass ein Anstieg der durchschnittlichen Jahrestemperatur um 1 Grad mit einem Anstieg der körperlichen und sexuellen Gewalt um 6,3 Prozent einhergeht. 

Städte heizen auf

Der Anstieg der Gewalt im Zusammenhang mit der Hitze wurde in allen sozialen Gruppen festgestellt, war jedoch in Haushalten mit niedrigem Einkommen und in ländlichen Gebieten am größten.

Auch die österreichische Studie zeigt ein auffallendes Stadt-Land-Gefälle. Wohnt jemand in der Stadt, ist die Sorge vor zunehmenden Hitzetagen größer als am Land. "Der Hitze-Inseleffekt in Städten kann im Vergleich zu ländlichen Gebieten für bis zu 10 Grad höhere Temperaturen sorgen. In Großstädten wie Wien und Graz können noch einmal 2 Grad dazukommen", sagt Kaltenegger. 

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Besonders in den Städten leiden Bewohner unter der Hitze. "Fast jeder zweite der Befragten hat an Hitzetagen bereits einen Schwächeanfall erlitten oder in seinem Umfeld registriert. Wobei Frauen etwas häufiger betroffen sind als Männer und Jüngere häufiger als Personen über 50", sagt der KFV-Experte. Hitzetag ist die meteorologisch-klimatologische Bezeichnung für Tage, an denen die Tageshöchsttemperatur 30 °C erreicht oder übersteigt. 

Häusliche Gewalt, Unfälle: So wirkt sich Hitze auf unser Verhalten aus

Ein weiteres Thema, das in Städten in Zusammenhang mit Hitze immer relevanter wird, ist der Verkehr. "Die Hitze führt auch dazu, dass Menschen an Konzentrationsproblemen leiden, was sich auch auf den Straßenverkehr auswirkt. An Hitzetagen ist das Unfallgeschehen um 60 Prozent höher als an normalen Tagen", sagt Kaltenegger. 14 Prozent aller Unfälle seien im vergangenen Jahr an Tagen mit 30 °C passiert. 

Unterschätzte Gefahr

Umweltmediziner Hutter erklärt dies unter anderen mit der Einstellung, besonders von älteren Männern. "Hitze wird oft nicht so als Gefahr erkannt. Man denkt sich, das hält man schon aus". Der Experte zieht einen Vergleich zu möglichen Gefahren im Winter.

"Wenn auf der Straße zum Beispiel Glatteis ist, dann fährt man entweder langsamer oder verzichtet ganz aufs Auto. Aber bei blauem Himmel und 30 Grad denken viele nicht daran, etwa ihre Schrittgeschwindigkeit aus gesundheitlichen Gründen zu reduzieren."

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Was also tun?

Im Zuge der veröffentlichten Studie präsentierten Kaltenegger und Hutter auch Maßnahmen, wie man sich am besten vor Hitze schützen kann:

  • Babys und Kleinkinder nicht der direkten Sonne aussetzen
  • Mittagshitze und körperliche Anstrengung vermeiden
  • Leichte, luftdurchlässige Kleidung tragen, Kopf und Augen mit Kopfbedeckung und Sonnenbrille schützen
  • Warnsignale des Körpers ernst nehmen
  • Insbesondere bei älteren Menschen auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten und wenn nötig Unterstützung bei Erledigungen etc. anbieten
  • Bei Bedarf mit dem Hausarzt die hitzeangepasste Einstellung von Medikamenten besprechen

Maßnahmen im Haushalt

  • In der Früh durchlüften, Ventilatoren anschaffen und/oder für Durchzug sorgen
  • Räume tagsüber abdunkeln und Fenster geschlossen halten
  • Außenjalousien anbringen

Maßnahmen im Straßenverkehr

  • Klimaanlage korrekt nutzen (5-6 C° unter der Außentemperatur sind ideal)
  • Angepasste Fahrweise mit größeren Abständen einhalten

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