Mit diesen Schuhen wollte Niederösterreicher auf den Großglockner

Paul Sodamin hat in seinem Leben schon viel gesehen. Als Flugretter, Bergretter und Bergführer.
Doch jene Momente vergangene Woche auf Österreichs höchstem Berg, dem Großglockner (3.798 Meter), haben sich eingebrannt.
Mitten im sogenannten Eisleitl, auf gut 3.550 Metern, stand vor dem Steirer und seiner Seilschaft plötzlich ein Mann in kurzen Hosen, ohne Rucksack und Turnschuhen.
In einer alpinen Gegend, die man ohne Steigeisen und Eispickel normalerweise nicht betritt.
Sehen Sie im Folgenden
- das Video, das der Bergführer von der Begegnung gemacht hat
- und lesen Sie, welche Ausmaße der Leichtsinn in den Bergen annimmt.
"Wir sind am Nachmittag auf den Glockner gegangen. Und plötzlich sehe ich einen, der da mitten am Eisleitl auf allen vieren raufkrabelt und Steine lostritt. Der hat regelrecht hinaufgezittert. Als wir näher gekommen sind, war dann plötzlich klar, dass der nur Straßenschuhe anhatte und einen Skistecken und Arbeitshandschuhe", erzählt Sodamin.
Der erfahrene Bergführer spricht den Mann, der aus Niederösterreich kommt, an. "Ich habe ihm zugeredet, dass ich so nicht weitergehen würde. Und er so auch nicht wieder runterkommt. Vielmehr wird er abstürzen, weil er mit der Ausrüstung keine Chance hat."
Zum Umdrehen überredet
Sodamin bietet dem Mann für den Abstieg als Hilfe sogar seinen Pickel an, was dieser jedoch ablehnt. Er dreht allerdings um. Was von der Begegnung bleibt, ist auch ein Video, das der Bergführer macht und seiner Facebook-Seite teilt.
Während sich der Großteil in den Kommentaren für den Einsatz des Bergführers bedankt, gibt es allerdings auch andere Poster. Jene, die unter dem Aspekt "no risk, no fun" argumentieren, oder jene, die kritisieren, dass es ein Video von der Begegnung gibt.
"Ich habe das ins Netz gestellt, damit die Leute wissen, dass sie genau so etwas im hochalpinen Gelände nicht machen sollen. Denn jeder Tote und Verletzte am Berg ist einer zu viel", sagt Sodamin, der weiß wovon spricht.
Als vor wenigen Tagen ein erfahrener Bergsteiger genau im Eisleitl mehr als 200 Meter weit abstürzte und schwer verletzt wurde, war Sodamin als Ersthelfer vor Ort. "Das sensibilisiert einen nochmal viel mehr."
Mit Schlapfen auf die Zugspitze
Dass der Leichtsinn in den Bergen steigt, verdeutlicht aber auch ein anderes Video, das unter dem Beitrag des Steirers auftaucht. Es zeigt einen jungen Mann, der mit Schlapfen den Gipfel von Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, erklimmt.
Gepostet hat es ebenfalls ein Bergführer. Mit dem Kommentar: "Da wunderst di nix mehr."
"Es fehlt am Berg zusehends die Vernunft zur Sicherheit", zieht Sodamin Bilanz, der mehr als 300 alpine Sechser-Routen im gesamten Alpenraum, davon mehr als als 100 schwierige, selbst absolviert hat. Denn bei vielen sei der Gedanke da: Wenn etwas passiert, dann holt mich ohnehin der Hubschrauber, oder die Bergrettung.
"Und die Leute lassen sich auch immer weniger sagen. Wenn man sie früher als Bergführer auf etwas hingewiesen hat, waren sie dankbar. Heute wird man nicht selten angepöbelt, oder kriegt als Antwort, dass das einen nix angehe."
Jener Niederösterreicher mit den Turnschuhen am Großglockner, ist übrigens wieder sicher ins Tal gekommen. Wie? "Ich habe ihn noch lange beobachtet. Den Abstieg hat er wie den Aufstieg absolviert - auf allen vieren."
Generell gilt, dass bei Freizeitunfällen im alpinen Gelände Bergekosten selbst zu zahlen sind. Diese werden also nicht von der Sozialversicherung übernommen.
Außer man verfügt über eine entsprechende Bergekostenversicherung. Diese kann entweder über die Bergrettung (Förderermitgliedschaft), ÖAMTC, Kreditkarte, den Alpenverein, eine Unfallversicherung oder Sportvereine abgeschlossen werden.
Kommt die Bergrettung bei einem Unfall zum Einsatz, so stellt diese immer zunächst eine Rechnung an den Verunfallten. "Diese Rechnung kann dann bei der jeweiligen Versicherung eingereicht werden", erklärt Bernhard Pichler-Koban von der Kärntner Bergrettung.
Ob die Versicherung zahlt, hängt davon ab, ob der Betroffene grob fahrlässig gehandelt hat. Etwa am Großglockner nur mit Sandalen unterwegs war. Trotz Starkregens eine Tour unternommen hat. Ohne passende Ausrüstung unterwegs war.
Aufschluss darauf gibt der Unfallbericht, der von der Versicherungen angefordert wird.
Besonders in Hinsicht auf Bergungen mit dem Hubschrauber ist eine Bergeversicherung mehr als sinnvoll. Denn benötigt es einen Hubschrauber, um aus einer alpinen Notlage, oder nach einem Skiunfall geborgen zu werden, fallen schnell Kosten in der Höhe zwischen 5.000 und 10.000 Euro an.
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