Größtem alpinen Verein bröckeln Ehrenamtliche weg
20.000 bis 30.000 Neuzugänge verzeichnet der Alpenverein, der größte alpine Verein Österreichs jährlich. Doch trotz Rekordmitgliedschaften fehlt es in einem Bereich an Menschen: bei den ehrenamtlichen Arbeiten. „Bei einem Verein mit mehr als 600.000 Mitgliedern möchte man meinen, wir haben eine Vielzahl an Fixangestellten. Doch dem ist nicht so, der größte Teil wird von ehrenamtlichen Mitarbeitern erledigt“, erklärte Alpenvereins-Präsident Andreas Ermacora am Freitag im Vorfeld der Jahreshauptversammlung des Vereins in Villach.
Wegewarte vor Gericht
Rund 25.000 freiwillige Funktionäre sind tägliche ohne Bezahlung für den Alpenverein im Einsatz. Würde man dies mit Vollzeitstunden umrechnen, käme man auf ein Budgetvolumen von 34 Millionen Euro jährlich. Unerschwinglich für den Alpenverein. „Ohne unserer Wege- und Hüttenwarte würde das wanderbare Österreich nur im Tal stattfinden. Besonders in Zeiten des Bergsportbooms nützen viel mehr Leute die Wege und Hütten, aber freiwillig erhalten wollen sie immer weniger“, erzählt Ermacora.
Einen Grund, warum die Zahl der Ehrenamtlichen zurückgeht, sieht Ermacora in einer „gewissen Verrechtlichung“: „Wir haben jedes Jahr Fälle, wo sich Wegewarte nach Unfällen vor Gericht verantworten müssen. Doch wir tun alles, um unsere Mitglieder zu schützen“, sagt der Präsident.
Ehrenamt auf Zeit
Eine weitere Erklärung für den Mangel an Freiwilligen liefert Joanna Kornatzki, die die Ehrenamtlichen im Alpenverein betreut: „Die Ansprüche an das Ehrenamt haben sich geändert. Die Menschen haben weniger Zeit für Beruf, Familie, eigene Hobbies. Dort noch Platz für eine ehrenamtliche Tätigkeit zu finden, ist viel verlangt.“ Diesem Trend will der Alpenverein mit sogenanntem „Micro Volunterring“ entgegensteuern. Kein Ehrenamt auf Lebzeit, sondern zeitlich und projektbezogen begrenzt. „Wir machen dies etwa schon bei unseren Bergwaldprojekten oder Umweltbaustellen. Was sehr gut angenommen wird“ sagt Kornatzki.
Bleiben würden dennoch Bereiche im Verein, die weiterhin eine gewisse „Beständigkeit und Verbindlichkeit von den Ehrenamtlichen erfordern“, ist Kornatzki überzeugt. Wie im Bereich der Hütten- und Wegewarte. „Aber es spricht nichts dagegen, beständiges und flexibles Ehrenamt nebeneinander laufen zu lassen.“
300 Ehrenamtliche für 26.000 Kilometer Wegenetz
Apropos Wegewarte: 300 Ehrenamtliche kümmern sich beim Alpenverein um ein insgesamt 26.000 Kilometer langes Wegenetz. Rücken nach Steinschlag oder Vermurung aus und markieren die Wege neu. Einer von ihnen ist Heiner Zechmann, von der Alpenvereinssektion Villach. „Ich war immer gerne in den Bergen unterwegs. Mit 65 Jahren habe ich mir gedacht: Es wäre an der Zeit, etwas zurückzugeben und so bin ich Wegewart geworden“, erzählt der Kärntner. 50 Kilometer Wege betreut er in Villach, rückt mit Bohrmaschine und Motorsäge aber auch aus, wenn Kollegen Hilfe benötigen. Für eine Bezahlung des Ehrenamts ist er nicht. „Unsere Republik lebt vom Ehrenamt. Nicht nur der Alpenverein, sondern auch die Feuerwehr, oder die Bergrettung. Es werden dadurch Werte geschaffen und das ist gut für die Republik, weil es sie lebenswerter macht“, sagt Zechmann.
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