Sammelklage gegen Online-Casinos auf Rückzahlung der Verluste

Sammelklage gegen Online-Casinos auf Rückzahlung der Verluste
Österreicher verspielen zumindest 144 Millionen Euro im Jahr im Internet, die Verluste können bei Gericht eingeklagt werden.

Es ist kaum zu glauben. Tausende Österreicher verzocken jeden Tag rund 400.000 Euro mit Glücksspielen wie Poker, Roulette, Black Jack und Video-Spielautomaten im Internet. Über das Jahr streifen die Online-Glücksspiel-Betreiber so etwa 144 Millionen Euro in Österreich ein. Die betroffenen Gambler hofften dabei auf den großen Gewinn, riskieren häufig ihre eigene finanzielle Existenz und die ihrer Familie.

Viele darunter sind spielsüchtig. Im schlimmsten Fall geraten Spieler wegen der Verluste auf die schiefe Bahn. Sie versuchen dann, mit Diebstählen, Einbrüchen oder anderen Delikten wieder an Geld zu kommen. Am Ende landen sie mitunter auch im Gefängnis.

Nur ein Lizenz in Österreich

In Österreich haben die Casinos Austria die einzige staatliche Lizenz für Online-Glücksspiel mit ihrer Plattform win2day. Ansonsten ist das Anbieten von Internet-Glücksspielen hierzulande nicht erlaubt.

Diese Rechtslage nutzt der österreichische Prozessfinanzierer AdvoFin zu einer Sammelklage-Aktion gegen Anbieter dieser in Österreich nicht bewilligten Online-Casinos und deren Zahlungsdienstleister.

Sammelklage gegen Online-Casinos auf Rückzahlung der Verluste

AdvoFin-Chef Gerhard Wüest/ Fotografie: Katharina Wisata

Kosten- und Risikolos

„Wir bieten allen Geschädigten, die durch ihre Glücksspielaktivitäten bei in Österreich illegalen Online- Casinos einen Verlust erlitten haben, die Möglichkeit, um ihre Verluste kosten- und risikolos zurückzufordern“, sagt AdvoFin-Chef Gerhard Wüest zum KURIER. „Wir haben einige schlimme Schicksal darunter, die haben jeden Tag ein paar Tausend Euro verspielt.“ Betroffene können sich unter https://www.advofin.at/sammelverfahren/online-casino/ anmelden.

Sammelklage gegen Online-Casinos auf Rückzahlung der Verluste

Screenshot AdvoFin-Homepage.

AdvoFin übernimmt das Prozessrisiko und erhält im Erfolgsfall 37 Prozent des Rückzahlungserlöses. Bei einer außergerichtlichen Lösung sinkt die Erfolgsquote auf 19 Prozent. Im Visier hat der Prozessfinanzierer nicht nur die bekannten Big Player der Branche: bwin, Interwetten, Mr. Green, bet365, bet-at-home, 888 Holdings und Unibet. So auch Anbieter wie Progress Player mit 51 Online-Casinos und Aspire Global, ein Anbieter von Gaming-Software, der selbst 13 Online-Casinos betreibt.

Sammelklage gegen Online-Casinos auf Rückzahlung der Verluste

1.500 Online-Casinos

Fakt ist: Die 15 größten Anbieter unterhalten insgesamt 1.500 Online-Casinos. Mitunter werden die Spieler mit 100 Freispielen und 200 Euro Vorab-Boni geködert.

Oft werden in erster Linie erlaubte Sportwetten angeboten, über die man mit ein paar Klicks in ein Web-Casino stolpert. Die meisten Anbieter operieren von Malta, Gibraltar, Großbritannien, Irland und von den niederländischen Antillen aus. Sie verfügen meist über örtliche Konzessionen. Die Betreiber sitzen rechtlich gesehen somit im EU-Inland.

Malta hat die meisten Anbieter. Jährliche Lizenzgebühr: 25.000 Euro. Der Glücksspielumsatz in Malta wird mit fast 40 Milliarden Euro pro Jahr beziffert.

Sammelklage gegen Online-Casinos auf Rückzahlung der Verluste

Außergerichtliche Zahlungen

Wie die bisherige Erfahrung von AdvoFin-Anwalt Sven Thorstensen zeigt, ziehen viele der Anbieter eine außergerichtliche Einigung einem Gerichtsprozess vor. Sie zahlen nach dem ersten Anwaltsschreiben die eingestreiften Gelder den betroffenen Österreichern ohne Abschlag zurück. Der KURIER konnte in Unterlagen einsehen, die Rückzahlungen in Höhe von 10.000 bis 100.000 Euro belegen.

Elektronische Beweiskette

„Die Spieler spielen nachweislich in Österreich. Das können wir mit den Internet-Protokoll-Adressen belegen“, sagt AdvoFin-Chef Wüest. „Es gibt eine weitere elektronische Spur. Der Spieler kauft diese Spiel-Pakete meist über namhafte Zahlungsdienstleister. Wir können durch die Belege den Nachweis erbringen, wie viel ein Spieler dabei verloren hat.“ Das reicht, um vor einem österreichischen Gericht Klagen zu können. Österreich ist somit der Tatort.

Anhand der OGH-Judikatur hat Anwalt Thorstensen eine Strategie entwickelt. Denn: Die zum Beispiel in Malta ansässigen Online-Casinos begründen die angebliche Legalität ihres Angebots in Österreich mit der Dienstleistungsfreiheit in der EU. Das heißt, die Zulassung in einem EU-Land ermöglicht eine Tätigkeit in anderen EU-Ländern.

Konten gerichtlich blockieren

Nur in Deutschland und Österreich trifft das laut AdvoFin nicht zu. Hierzulande steht der gesetzliche Spielschutz über der Dienstleistungsfreiheit. Oder anders gesagt: Spielerschutz sticht Dienstleistungsfreiheit. Ohne österreichische Glücksspiel-Lizenz ist das Spielangebot, das der Österreicher mit dem Online-Casino vertraglich eingeht, somit nichtig, sprich ungültig.

Da aber Internet-Casinos in der Regel keinen Sitz in Österreich haben, könnten sie die AdvoFin-Klagen ignorieren. „Dann ergeht ein Versäumnisurteil, das in jedem EU-Land exekutiert werden kann“, sagt Wüest. „Wir schauen auch, wo die Betreiber in Österreich Konten haben, die wir gerichtlich blockieren können; dazu gehören auch deren Konten bei Finanzdienstleistern.“

Indes begrüßen die Casinos Austria auf Nachfrage des KURIER „jedes Vorgehen gegen bewilligungsloses Glücksspiel“.

Kommentare