Skistar zündet Debatte an
Wie in Kärnten geraten Gletscherskigebiete in ganz Österreichs zusehends unter Druck – nicht nur unter klimatischen, sondern unter öffentlichen. Zuletzt etwa durch die Debatte, die US-Skistar Mikaela Shiffrin, losgetreten hatte, als sie vor dem kommendes Wochenende anstehenden Weltcupauftakt in Sölden einen an der Umwelt orientieren Rennkalender forderte.
Wie alle anderen Gletscherskigebiete Österreichs präsentierte sich auch jenes im Ötztal in den vergangenen Tagen wie eine von Bändern aus Alt- und Kunstschnee durchzogene Marslandschaften. „Ist jetzt die Zeit für ein Skirennen in Österreich? Macht es Sinn? Vermutlich nicht“, meinte zuletzt Shiffrin angesichts der ungewöhnlich hohen Temperaturen.
Mehr dazu: Ski Weltcup: Grünes Licht für den Saisonauftakt in Sölden
Im Ötztal wird der herbstliche Saisonauftakt, wie schon öfter in der Vergangenheit, verteidigt. Der Oktober sei wettermäßig stabiler als der November, hieß es etwa. Und für Jack Falkner, den Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden, zählen nicht zuletzt touristische und kommerzielle Gründe.
„Das sind die ersten Bilder des Schnees. Bilder erzeugen Emotion, Emotion ist Urlaub und insofern ist der Auftakt für uns immer wichtig“, erklärte er am Freitag, nachdem die Rennpiste auf dem Rettenbachferner grünes Licht von der FIS erhalten hatte.
Schwenk zu einer Webcam. Auf den 3.209 Meter hohen Gipfel des Salzburger Kitzsteinhorns. Schnell wird auch hier klar: Viele Steine, wenig Schnee. Geplanter Saisonstart: 28. Oktober. Bei ausreichender Schneelage.
„Aktuell rechnen wir mit einem Saisonstart am kommenden Samstag. Aber der warme September und die hohen Temperaturen bis Mitte Oktober waren eine enorme Herausforderung für uns“, sagt Thomas Maierhofer, Vorstand der Gletscherbahnen Kaprun. Fünf Zentimeter beträgt die Schneehöhe am Kitzsteinhorn am Tag des Interviews.
Die Zukunft wird anders
„Wir werden nur den obersten Teil des Gletschers öffnen und hier auch nur ein Teilangebot zur Verfügung stellen“, erklärt Maierhofer. Die Nachfrage sei jedoch enorm. Aber Gletscherskilauf in Zeiten des Klimawandels, passt das noch zusammen?
Maierhofer hat eine klare Antwort: „Wir leugnen den Klimawandel nicht. Wir sehen ja bei uns am Berg, wie sich alles verändert.“ Eine Zukunft sieht er dennoch. „Wir werden uns eben vom Gletscherskigebiet hin zum schneesicheren Höhenskigebiet entwickeln.“
Die extrem hohen Temperaturen im September haben auch dem Mölltaler Gletscher zugesetzt. „Wir hatten vergangenes Jahr keine Schneedepots wegen der Energiekrise angelegt. Heuer hingegen schon, diese sind aber aufgrund der hohen Temperaturen geschrumpft“, erzählt Schaffner.
Am Freitag fegten bei Plusgraden in alpinen Föhnlagen Orkanstürme über die Berge. Dazu Nieselregen, zum Teil aber auch leichtes Schneetreiben – etwa im Ötztal. Sinken die Temperaturen, kann es schnell gehen und der Niederschlag fällt als Flocken, die sich in die Landschaft legen.
Verständnis für Emotionen
Anders als in Kärnten und Salzburg haben in Tirol bereits alle fünf Gletscherskigebiete – wenn auch eingeschränkt – den Liftbetrieb gestartet. Dass die Bilder der Pisten in karger Landschaft Emotionen erzeugen – und nicht unbedingt nur jene, die sich Söldens Bergbahnenchef Falkner wünscht –, kann Reinhard Klier verstehen:
„Natürlich wäre es uns lieber, wenn die Berge verschneit wären“, sagt der Betreiber des Skigebiets am Stubaier Gletscher.
Der 43-Jährige hat eben erst die Nachfolge von ÖVP-Nationalrat Franz Hörl als Spartenobmann der Tiroler Seilbahnbranche angetreten. „Heuer haben wir sicher eine außergewöhnliche Situation mit dieser lange anhaltenden Hitze- und Trockenheitsperiode. Dass sich das Klima ändert, ist nicht infrage zu stellen. Aber so etwas wird sich sicher nicht jedes Jahr wiederholen“, sagt er.
Und betont zugleich: „Wir halten nicht krampfhaft an etwas fest. Wir gehen die Veränderung mit. Früher hatten wir im Sommer Betrieb. Inzwischen haben wir den Saisonstart von Mitte September auf Oktober verlegt.“ Heuer ging es am 16. Oktober, also am vergangenen Montag, los. „So spät wie noch nie.“
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