Herausforderung XXL: Die Österreicher werden immer dicker
Die Österreicher werden immer dicker. Das bestätigen nicht zuletzt die Aufzeichnungen der Statistik Austria. „Die neuesten Erhebungen zeigen, dass die Zahlen der normal- und übergewichtigen Personen in den vergangenen Jahren eher gleich bleiben, die Zahl der adipösen aber ansteigt“, sagt Jürgen König von der Universität Wien und Projektleiter des Österreichischen Ernährungsberichts.
Der Body-Mass-Index (BMI) ist eine international anerkannte Maßeinheit, die das Verhältnis von Körpergröße zu Körpergewicht berechnet. Damit lässt sich das individuelle Gewicht bewerten. Ein BMI von 18,5 und 24,9 gilt als Normalgewicht. Ab einem Wert von 25 liegt Übergewicht vor, ab einem Wert von 30 spricht man von Adipositas (Fettleibigkeit).
Der BMI kann mit folgender Formel berechnet werden:
BMI (kg/m²) = Körpergewicht (kg): Körpergröße² (m²)
Bei der Bewertung des Risikos durch Übergewicht sind auch anderen Faktoren wichtig, die mit dem BMI nicht berechnet werden können, wie zum Beispiel der Anteil der Muskeln, der Körperbau, die Verteilung des Körperfetts.
Laut Statistik gelten Personen mit einem Body-Mass-Index von über 30 als „adipös“, also als „fettleibig“. Adipositas führt zu Folgeerkrankungen und einer verkürzten Lebensdauer. Deshalb macht sich die starke Gewichtszunahme vor allem im Gesundheitsbereich bemerkbar:
Spitäler
Hier hat man sich an die schwereren Patienten angepasst. Die Spitalsbetten in Wien können ein Höchstgewicht von 250 Kilogramm tragen. Die verwendeten Geräte sind generell größer geworden, so habe sich beispielsweise der Standard-Durchmesser der Röhren bei Computertomografen von 60 Zentimeter auf 70 Zentimeter erhöht, heißt es aus dem Wiener Krankenanstaltenverband.
Rettung
Die Wiener Berufsrettung hat ein Spezialfahrzeug, mit dem unter anderem extrem übergewichtige Patienten ins Spital gebracht werden. „Wir haben den Bettenintensivtransporter, den BIT, seit 2011. Er ist mit einer breiteren Patiententrage ausgestattet, die elektrisch auf und ab fährt. Sie ist für bis zu 450 Kilogramm ausgelegt“, erläutert Corina Had von der Berufsrettung. 20-mal sei das Fahrzeug im ersten Halbjahr 2019 zu schwergewichtigen Patienten ausgerückt.
Am Land fehlt der BIT-Spezialtransport. „Der Bedarf ist auch bei uns da, aber in Niederösterreich ist das Problem, dass es sehr weit und groß ist. Bei einem Akutfall würde es zu lange dauern, wenn der BIT in St. Pölten steht und zum Beispiel im Waldviertel gebraucht wird“, sagt Stefan Spielbichler vom Notruf NÖ. Jedes Fahrzeug ist bis 200 Kilogramm Körpergewicht tauglich.
In Niederösterreich sieht Spielbichler auf jeden Fall Handlungsbedarf, man wird sich viel mehr auf solche Fälle vorbereiten müssen. „Jetzt schicken wir zwei Einsatzfahrzeuge, man kann aber nicht immer mehr Personal bereitstellen.“
Bilder, bei denen schwer übergewichtige Personen über das Fenster geborgen werden müssen, laufen immer wieder in den Medien. Auch in Österreich kommt derlei vor, allerdings ist das eher selten. Zahlen gibt es weder bei der Rettung, noch bei der Feuerwehr, die in solchen Fällen technische Hilfe leistet. „Wenn man eine Person zwischen 200 und 300 Kilogramm über die Stiegen hinuntertragen muss, muss man erst prüfen, ob das Stiegenhaus der Belastung standhält oder es baulich überhaupt möglich ist“, erklärt Christian Feiler von der Wiener Berufsfeuerwehr. Immerhin müsse dabei nicht nur das Gewicht des Patienten, sondern auch das der Einsatzkräfte mitgerechnet werden.
„Bisher hatten wir das eigentlich immer nur im Zusammenhang mit einem Rettungseinsatz, wenn wir zur Unterstützung angefordert worden sind“, sagt Feiler. Es habe sich dabei um Personen gehandelt, die auf Grund von Erkrankungen nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen können. „Bei uns wird nicht mit Kränen gearbeitet, sondern mit einer Drehleiter oder die betroffene Person wird in einer Wanne mittels Seilen durch das Stiegenhaus hinabgerutscht, wie bei der Bergrettung“, sagt Feiler.
Aber nicht nur im Einsatz- und Gesundheitswesen führen die sich ändernden Anforderungen zu Veränderungen.
Bestattung
In einem niederösterreichischen Krematorium wurde der Ofen vergrößert, nachdem man feststellte, dass die Verstorbenen häufig nicht mehr hineinpassten. Eine Umrüstung war bei der Bestattung Wien ebenfalls notwendig: „Früher war die Grenze bei 250 Kilogramm erreicht, heute haben die Öfen eine Kapazität bis 330 Kilo“, erklärt Florian Keusch vom Bestattungsservice. Generell sei auch erkennbar, dass die Särge in Übergrößen gefragter sind. „Früher gingen die fast gar nicht“. Der Versenkungsapparat, mit dem die Särge in die Gräber hinabgelassen werden können, hat eine Tragfähigkeit von 250 Kilo. Beim Bestattungsservice kann man sich nur an einen Fall erinnern, wo man den nicht mehr verwenden konnte.
Verkehr
Im öffentlichen Verkehr ist die Gewichtszunahme zwar international, aber in Österreich kein Thema. Zumindest bei den Wiener Linien und den ÖBB haben sich die Sitzflächen oder die Berechnung für Stehplätze aus diesem Grund nicht geändert, heißt es auf KURIER-Anfrage.
Auch bei den Austrian Airlines sehe man keinen Trend, dass die Passagiere schwerer würden, deshalb haben sich auch die Sitzplätze nicht „erwähnenswert“ verändert. Würde jemand mit dem Sitzplatz nicht zurecht kommen, könnte er jederzeit einen zweiten buchen. Aufzeichnungen darüber, ob oder wie oft das vorkommt, gibt es nicht.
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