Zu viel Werbung hat ihren Preis

Zu viel Werbung hat ihren Preis
Die Ärztekammer geht mit saftigen Strafen gegen "marktschreierische" Mediziner vor.

Wie weit dürfen Ärzte bei der Werbung für ihre Behandlungen gehen? Mit dieser Frage musste sich jetzt das Landesverwaltungsgericht Wien beschäftigen. Dorthin hatte sich die bekannte plastische Chirurgin Dagmar Millesi aus Wien gewandt, nachdem sie vom Disziplinarrat der Ärztekammer zu einer Geldstrafe von 6000 Euro (davon 4000 € bedingt) verdonnert worden war.

Anlass war Millesis Auftritt in der ATV-Doku-Reihe "Ein Leben für die Schönheit", die Schönheitsmediziner in ihrem Arbeitsalltag begleitete. Für den Disziplinarrat verstieß die Medizinerin damit gegen die Werbebeschränkungen im Ärztegesetz. Ihn stört aber weniger, dass dabei Eingriffe, wie Brustvergrößerungen, vor laufender Kamera durchgeführt wurden, sondern dass der Sender auch das Privatleben der Ärztin ausgiebig ausleuchtete. Etwa ihre maßgeschneiderte Garderobe oder das beheizte Schwimmbecken, das sich Millesi als Ausgleich für ihren stressigen Job bauen ließ. Das sei keine sachliche Information über ärztliche Leistungen mehr, sondern "Selbstanpreisung der eigenen Person in marktschreierischer Weise".

Konkurrenzkampf

Kein Einzelfall: Jährlich landen rund 200 Anzeigen wegen Verstoßes gegen die Werberichtlinien bei der Ärztekammer. Das sind 23 Prozent aller Anzeigen. Am häufigsten geht es dabei um Schönheitsmediziner.

Insider wundert das nicht: Gerade in dieser lukrativen Sparte herrsche ein beinharter Konkurrenzkampf um die Kunden. Da könne es schon vorkommen, dass ein Mediziner den anderen bei der Standesvertretung anschwärze. Wie Millesi wurde laut News auch der prominente Chirurg Artur Worseg zu einer Geldstrafe verurteilt. Auch er war in der ATV-Serie aufgetreten.

Zu viel Werbung hat ihren Preis

Millesi hat indes einen Teilerfolg erzielt: Das Gericht hat ihrer Beschwerde stattgegeben, weil ihm das vorliegende Beweismaterial (kein Originalfilme, nur Sequenzen auf der ATV-Homepage) nicht ausreicht. Deshalb hat er die Causa an den Disziplinarrat zurückverwiesen.

Die Ärztin bestreitet, die Sendung als Plattform für Werbung in eigener Sache genutzt zu haben. "Mich hat vielmehr das Konzept der Serie überzeugt: ATV trägt die Kosten für die Operation, die die Patienten meistens von sehr hohem Leidensdruck befreit", sagt sie zum KURIER. "Sollten die Werberichtlinien der Ärztekammer zu einer Teilnahme an einer solchen Sendung im Widerspruch stehen, so sollten sie gelockert werden."

Das sei ohnehin schon passiert, kontert man bei der Kammer. Früher sei es Ärzten nicht einmal erlaubt gewesen, eine Homepage zu betreiben. Eine weitere Liberalisierung sei nicht sinnvoll: "Es geht um den Schutz der Patienten. Außerdem wird mit einer Reglementierung der Werbung der Wettbewerbsdruck verringert."

Ärzte und Werbung

Gesetz Die Beschränkungen sind u. a. im Ärztegesetz geregelt: Der Arzt hat sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.

200 Anzeigen wegen Verstößen landen pro Jahr bei der Ärztekammer.

Sendungen, wie „Ein Leben für die Schönheit“, sind auch Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz ein Dorn im Auge. „Sie vermitteln die Botschaft: ,Du musst alles tun, um schön zu sein. Und es gibt Männer und Frauen in Weiß, die das für dich erledigen‘.“

Immerhin: Mit dem neuen Gesetz für Schönheitsoperationen, das seit dem Vorjahr in Kraft ist, habe man ein wichtiges Korrektiv geschaffen. So dürfen Ärzte keine Zusatz-Bezeichnungen wie „Beauty Doc“ oder Ähnliches führen und nicht mehr mit unhaltbaren Versprechen Kundinnen anlocken.

Pilz würde aber noch einen Schritt weiter gehen. „Die Menschen wollen natürlich wissen, was sie bei einzelnen Ärzten erwartet.“ Unabhängige Stellen, die durchaus mit Ärzten besetzt sind, sollen deshalb nachvollziehbare und transparente Informationen über die einzelnen Mediziner erheben. Etwa Fallzahlen oder Komplikationsraten. Die Patientenanwältin: „Wenn sie bei solchen qualitätsgesicherten Erhebungen gut abschneiden, sollen die Ärzte damit auch ruhig auf ihrer Homepage werben können.“

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