Kiffen ist in Österreich illegal – man darf psychoaktives Cannabis nicht erwerben, besitzen, erzeugen, befördern, importieren oder anbieten. Umso absurder klingt es, dass das Verkehrsministerium derzeit einen Gesetzesentwurf prüft, der Grenzwerte für Cannabis am Steuer regeln soll. Konkret geht es dabei um Blüten mit dem Wirkstoff THC – also die Substanz die "high" macht. So wie bei Alkohol im Straßenverkehr der erlaubte Grenzwert bei 0,5 Promille liegt, könnte er bei THC zum Beispiel bei einem Nanogramm liegen.
Anlass für die Überlegungen, eine eigentlich illegale Substanz im Straßenverkehr zu legalisieren, ist, dass die Zahl an Drogenlenkern in den vergangenen Jahren extrem ansteigt. Waren es vor zehn Jahren noch 400 Drogenlenker pro Jahr, sind es derzeit knapp 6.400 Personen, die unter dem Einfluss von Suchtmitteln aus dem Verkehr gezogen werden – meist wegen eines erhöhten THC-Werts im Blut.
Wie bekifft darf man sein?
Die Krux ist, dass es sich bei diesem Wert anders verhält als bei Alkohol. THC ist wesentlich länger im Blut nachweisbar, weshalb es auch noch festgestellt werden kann, obwohl man nicht mehr aktiv berauscht ist.
Doch wie "bekifft" darf man hinterm Steuer sein? Das wird gerade von Gesundheits- und Verkehrsministerium gemeinsam geprüft. "Es wird untersucht, wie sich der THC-Wert im Blut auf die Fahrtüchtigkeit auswirkt. Hat man vor mehreren Tagen konsumiert, ist man zwar nicht mehr berauscht, es kann aber dennoch zu erhöhten Werten kommen“, heißt es aus dem Verkehrsministerium. In fast allen europäischen Ländern gibt es bereits Grenzwerte, die von einem bis sechs Nanogramm reichen. Drei Nanogramm entsprechen laut Studien etwa einer Verkehrsbeeinträchtigung von 0,5 Promille Alkohol.
Entlastung für Justiz und Polizei
Werden die Grenzwerte umgesetzt, wird auf jeden Fall die Justiz entlastet. Rechtsanwalt Sascha Flatz vertritt seit Jahren Menschen, die wegen THC hinterm Steuer verfolgt werden: "Das Problem ist, dass meine Mandanten oft schon seit längerer Zeit kein Cannabis mehr konsumiert haben, aber trotzdem noch positiv sind. Die Strafen liegen bei bis zu 3.700 Euro und ein Monat Führerschein-Entzug. Das könnte man durch Grenzwerte natürlich eindämmen."
Auch die Polizei könnte entlastet werden. Derzeit sind Harntests nicht verpflichtend. Wird der aber verweigert oder fällt positiv aus, wird ein Bluttest gemacht. Das bindet natürlich Personal, was bei dem bestehenden Mangel an Amtsärzten ein Problem ist. Durch die Grenzwertregelung, könnte der Urintest verpflichtend werden und Lenker, die unter dem dann festgelegten Grenzwert liegen, dürften einfach weiterfahren.
Konsum am Steuer sorgt weltweit für Probleme
120 Toxikologen und Forensiker aus 17 Ländern tagen derzeit beim Internationalen Forum für Drogen- und Alkoholtests in Salzburg. Abschreckendes Beispiel ist Kanada: Seit Cannabis 2018 legalisiert wurde, steigen die Aufgriffe im Straßenverkehr dramatisch. Die Zahl der verunfallten Lenker hat sich seither fast verdoppelt. Die Pharmakologin Nadine Wentzell würde eine Dekriminalisierung, wie es Portugal vormacht, bevorzugen. "Es hat Sinn mit Grenzwerten zu arbeiten", meint die Expertin. Neue THC-Varianten wie HHC (Hexahydrocannabinol), die mit herkömmlichen Tests nicht nachweisbar sind, würden Labore weltweit fordern, so Wentzell.
International Schule machen auch Alkohol- und Drogen-Tests am Arbeitsplatz: In Staaten wie den USA, Kanada oder auch Nordeuropa sei das schon Alltag, wie der Salzburger Toxikologe und Tagungspräsident Thomas Keller berichtet. Wer dort beispielsweise einen Bus steuert oder auf einer Bohrinsel arbeitet, muss clean sein. Über seinen Labortisch gehen Jahr für Jahr Hunderte Bluttests von Drogenverdachtsfällen im Straßenverkehr. "Es steigt massiv", so Keller. Hightech hilft im Alltag eines Toxikologen: von der virtuellen, bildunterstützten Autopsie bis zum unscheinbaren Pupillografen, der auf der Straße Warnsignale am Auge erkennt.
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