Rätsel, die nur die DNA entschlüsselt

Die Gebeine, mit denen die DNA-Experten in Innsbruck zu tun haben, sind oft massiv zerstört. Trotzdem gelingt es den Forensikern oft, die Genprofile aus diesen Überresten zu erstellen .
Die Gerichtsmedizin Innsbruck hat sich den Ruf erarbeitet, Licht in scheinbar unlösbare Fälle zu bringen.

Gewissheit. Das ist es, was sich internationale Auftraggeber erhoffen, wenn sie die Gerichtsmedizin Innsbruck (GMI) einschalten. Diskretion. Das steht für das renommierte Institut an oberster Stelle. Denn die Kriminalfälle, mit denen die DNA-Experten konfrontiert werden, haben nicht selten nationale Brisanz. Egal ob es sich um die Identifizierung von Opfern der chilenischen Pinochet-Diktatur, Mitgliedern der russischen Zarenfamilie oder – wie zur Zeit gerade – um die Untersuchung der möglichen Überreste von 43 mexikanischen Studenten handelt.

Deren Verschwinden und die laxen Aufklärungsversuche der Behörden haben für einen Proteststurm gesorgt. Sensibilität ist gefragt. An der GMI will man nicht einmal bestätigen, einen Auftrag erhalten zu haben. Laut den mexikanischen Ermittlern haben drei Mitglieder einer Drogenbande gestanden, die Studenten ermordet und die Leichen verbrannt zu haben.

Außer Asche sind offenbar nur noch ein paar Knochenfragmente zurückgeblieben, die nun in Innsbruck untersucht werden. Das Institut hat sich den Ruf erarbeitet, selbst in scheinbar aussichtslosen Fällen immer wieder Ergebnisse zu liefern. Den Grundstein dafür legte u.a. die Identifizierung von 101 Menschen, die 2004 in Sri Lanka Opfer des Tsunamis wurden.

Zertrümmerte Mythen

Mit nüchternen Wissenschaft zertrümmern die Forensiker mitunter Mythen und Verschwörungstheorien. 2005 sorgten die Experten im Fall des 1970 am Nanga Parbat tödlich verunglückten Bruders von Extrembergsteiger Reinhold Messner für Klarheit, indem sie ihm Proben einer im selben Jahr gefundenen Gletscherleiche genetisch zuordnen konnten. Messner sah damit endgültig seine Version des Unglücks bestätigt. Bergkameraden hatten ihm vorgeworfen, seinen Bruder zurückgelassen zu haben.

Als heilig wird die Zarenfamilie zum Teil in Russland verehrt. Dass die 1918 von Bolschewiken komplett ausgelöscht wurde, konnte ebenfalls die GMI beweisen. Die Gebeine von Zar Nikolaus II., seiner Ehefrau und drei seiner fünf Kinder hatte man bereits 1991 entdeckt. Das brachte jedoch nicht die Gerüchte zum Verstummen, dass es Überlebende der Hinrichtung gegeben haben könnte. 2008 identifizierten die DNA-Experten der Innsbrucker Gerichtsmedizin die Überreste von Kronprinz Alexei und seiner Schwester Maria, die im Jahr zuvor gefunden wurden. Und das obwohl ihre Mörder die Leichen verbrannt hatten.

Spezielle Verfahren

Es ist die Fähigkeit, selbst aus stark zerstörten Proben, DNA-Profile gewinnen zu können, die die Innsbrucker Forensiker auszeichnet. Dafür haben die Forscher spezielle Techniken entwickelt. Dazu gehört auch das Auswerten von mitochondrialer DNA. Die Analyse ist hochkomplex. Doch von diesem Erbgut ist in den Zellen jedoch mehr vorhanden, als von herkömmlicher DNA. Das erhöhte die Wahrscheinlichkeit, bei schlechtem Ausgangsmaterial ein Genprofil zu erhalten. Diese Methode wurde auch bei der Untersuchung von zwei dem Dichter Friedrich Schiller zugeschriebenen Schädeln angewandt. Das Ergebnis war ernüchternd, aber brachte 2007 Gewissheit. Keiner der Schädel saß jemals auf dem Körper des 1805 Verstorbenen.

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