Gepäck bremst Urlaub mit dem Zug
Die Stauwellen durch und nach Österreich sind alljährlich wiederkehrende Sommertradition. Als Bundesland, das sowohl beliebtes Urlaubsziel ist, als auch auf der wichtigsten Route vom Norden Europas nach Italien liegt, wird Tirol Jahr für Jahr von der Blechlawine überrollt. Und diese wird stetig größer, wie Zahlen der Asfinag eindrücklich zeigen.
In den vier Monaten der Hauptreisezeit von Juni bis September passierten 2017 5,1 Millionen Pkw die Brenner-Autobahn. Das sind rund 500.000 Autos mehr als noch 2013. Der boomende Tirol-Tourismus, der Winter wie Sommer von Rekord zu Rekord eilt, tut das seine dazu. Im Tourismusjahr 2016/2017 zog es 11,7 Millionen Urlauber in das alpine Bundesland.
Bahn hinkt hinterher
In den Tourismustälern leidet die Bevölkerung inzwischen saisonunabhängig unter der Verkehrsbelastung. Denn 80 Prozent der Urlauber reisen laut Tirol Werbung mit dem Auto an. Weitere zwölf Prozent kommen mit dem Flugzeug. Und nur acht Prozent der Gäste nehmen die Bahn.
Warum das so ist, hat Markus Mailer von der Universität Innsbruck im Zuge einer zweijährigen Studie untersucht. Und die Ergebnisse des Experten für intelligente Verkehrssysteme sind durchaus relevant für andere österreichische Tourismusregionen, von denen viele ebenfalls mit den negativen Effekten des Urlauberverkehrs kämpfen.
„Im Winter ist der Hauptgrund dafür, dass die Gäste nicht mit der Bahn anreisen, der Gepäck- und Sportgerätetransport“, weiß Mailer aus einer Befragung von rund 11.000 Personen zu ihren Reisegewohnheiten. Im Sommer geht es den Urlaubern vor allem um die Mobilität vor Ort. „Sie brauchen die Gewissheit, dass sie alles machen können“, sagt der Universitätsprofessor.
Die Erhebung ist Teil des Projekts „Easy Travel“, an dem sich auch die Tirol Werbung beteiligt hat. Anhand der Modellregion Ötztal wurde untersucht, wie Urlauber für die autofreie Anreise gewonnen werden können. Diese zu fördern, ist nicht nur im Sinne von Umwelt und Bevölkerung.
Laut Mailer müssen auch die Gastgeber der Urlauber eine Trendwende im Sinn haben: „Für Touristiker ist zwar in erster Linie wichtig, dass der Gast kommt. Es gibt aber eine Zielgruppe, für die das Auto immer unattraktiver wird.“ In den Städten verabschieden sich immer mehr Menschen vom eigenen Pkw – insbesondere Junge und damit die potenziellen Urlaubsgäste von morgen.
„Urbane Menschen möchten aus der Stadt hinaus, sie möchten aber nicht auf die Servicequalität verzichten, die sie bei der Mobilität gewohnt sind“, sagt Mailer. Um das zu gewährleisten, müssten Touristiker auch Geld in die Hand nehmen, damit etwa Carsharing-Angebote in den Regionen etabliert werden können.
Gebündeltes Angebot
Damit Urlauber auf ihr Auto verzichten, sind zudem Angebote aus einem Guss gefragt. So muss die Reise in die Region, aber auch der letzte Weg bis zum Hotel, sowie der Gepäcktransport von Tür zu Tür auf einer Plattform buchbar sein, erklärt der Experte.
Bestehende Angebote müssen sich zudem mehr an die Kundenwünsche anpassen. So transportiert die ÖBB etwa bereits Koffer von der Wohnung des Urlaubers zum Hotel. „Aber die Vorlaufzeiten sind zu lange“, sagt Mailer. An Samstagen und Sonntagen gibt es nämlich weder Abholung noch Zustellung.
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