Frauenmord in Krumbach: Das Protokoll des Versagens
Anfang des Jahres hat eine Serie von Frauenmorden heftige Debatten über den Umgang mit Gefährdern und Gewalttätern vom Zaun gebrochen. Ein 74 Seiten starkes Gutachten über jenen Mann, der in Krumbach im Bezirk Wiener Neustadt seine 50-jährige Ex-Lebensgefährtin monatelang bloßgestellt, gestalkt und schließlich erstochen haben soll, zeigt die Ohnmacht der Behörden in solchen Fällen auf.
Frauenmord: Exklusive Akten zeigen Ohnmacht der Behörden
Acht Jahre lang ist der Mann als Gewalttäter in mehreren Beziehungen aufgefallen und vor Gericht gestanden. Untersuchungshaft oder eine Anti-Gewalt- oder Psychotherapie sucht man in seiner Historie dennoch vergeblich.
Sonst wäre man vermutlich früher darauf gekommen, was der renommierte Gerichtspsychiater, Manfred Walzl, dem mordverdächtigen Roland H. (42) nun attestiert.
Auf Grund seiner stark ausgeprägten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischer Betonung muss davon ausgegangen werden, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit zu weiteren Tathandlungen neigt.
Der Fall bestätigt eindrucksvoll, was von Gewaltschutzzentren, Frauenhäusern und Opfervereinen massiv bekrittelt wird. Gegen Täter nach gewaltvollen Übergriffen lediglich ein Betretungsverbot auszusprechen, sei zu wenig. In den meisten Fällen bekommen sie nur ein „Gefährderblatt“ in die Hand gedrückt, in dem sie über Rechte und Pflichten informiert werden und den Kontakt zum Männer-Notruf bekommen.
Auch mit Roland H. hat niemals ein Psychologe ein Gespräch geführt. Das wäre laut Walzl jedoch auf Grund seiner „schweren geistigen und seelischen Abartigkeit“ ein erforderliches Instrument gewesen. Bereits im Dezember 2010 gab es gegen ihn die erste Anzeige samt Wegweisung, weil er seine Ex-Frau geschlagen hatte. 2011 wurde er wegen Körperverletzung gegen seine Frau zu einer Strafe von 320 Euro verurteilt.
Nach der Scheidung lernte er Silvia K. in einer Disco kennen und zog mit ihr zusammen. Die Beziehung war jedoch schon bald stark belastet. Als Trainer einer Fußball-Nachwuchsmannschaft schickte Roland H. ein Video mit einer Selbstmordankündigung an alle Eltern seiner Spieler. Der Verein beendete die Zusammenarbeit.
Nachdem sich im Mai 2017 Silvia K. von dem 42-Jährigen trennte, ging es mit dem Terror erst so richtig los. Die 50-Jährige wurde fast täglich von Roland H. verfolgt, via Facebook setzte es öffentliche Beschimpfungen. Er lauerte seiner Ex auf der Straße und vor dem Haus auf.
Auch einer weiteren Frau wurde eine kurze Liaison mit dem 42-Jährigen zum Verhängnis. Martina F. hatte nur eine kurze Beziehung und wurde von Roland H. ab September 2017 monatelang gestalkt. Der Verdächtige versendete Intimfotos der Frau an ihren Arbeitgeber und stellte sie in sozialen Medien bloß.
Im Jänner 2018 erwirkte Martina F. vor Gericht eine einstweilige Verfügung und ein Kontaktverbot, an das sich der mittlerweile Arbeitslose nicht hielt. Kurz darauf wurde er wegen beharrlicher Verfolgung und wegen der Körperverletzung an einem Polizisten verurteilt. Selbst zu diesem Zeitpunkt wurde ihm keine Therapie vom Gericht auferlegt.
Nachdem parallel dazu auch Silvia K. bedroht wurde, der Verdächtige ihr Swimmingpool aufschlitzte und die Autos der Familie zerkratzte, bekam es die Mutter eines 15-jährigen Buben mit der Angst zu tun. Sie installierte heimlich eine Videoüberwachung an ihrem Haus. Die Kameras filmten die blutigen Szenen, als Roland H. sein Opfer am 9. Jänner beim Garagentor abpasste und aus dem Hinterhalt erstach.
Tags darauf wären zwei Gerichtsverhandlungen und eine polizeiliche Einvernahme anberaumt gewesen. Laut seinem Verteidiger, Wolfgang Blaschitz, ist sein Mandant großteils geständig. Was die genau Tathandlung anbelangt, habe er Erinnerungslücken. Blaschitz führt das auf die Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt von 1,8 Promille zurück.
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