Frau erstochen: Mann nennt Scheidung als Motiv
Er lief mit blutigen Händen über den Stefan-Fadinger-Platz in Wien-Favoriten und hielt eine Polizeistreife an. Kurz davor soll der 52-jährige Syrer in einer nahen Wohnung in Favoriten am Mittwoch seine 45-jährige Ehefrau erstochen haben.
Er wollte gerade Frühstück machen und habe mit einem Messer einen Apfel geschnitten. Zwischen ihm und der Frau sei es zum Streit gekommen, sie habe ihn beschimpft, ihn angespuckt und ihm den Apfel ins Gesicht geworfen. Daraufhin habe er das Gemüsemesser gegen die Frau gerichtet. So soll der Verdächtige versucht haben, gegenüber der Polizei die Tat zu legitimieren.
Der Mann ist 2014 aus Syrien nach Österreich geflüchtet und bekam Asyl. Ein Jahr später durften die Frau und ein gemeinsamer Sohn nachkommen. Ab diesem Zeitpunkt habe die Frau nichts mehr von ihm wissen wollen. Seither sei die Scheidung im Raum gestanden.
Einmal sei sie sogar bei den Behörden eingebracht, aber wieder zurückgezogen worden. Einmal sei der Mann sogar schon für kurze Zeit ausgezogen – er kehrte aber wieder zurück. Der Mann wollte die Trennungswünsche der Frau nicht akzeptieren.
Gewalt nimmt zu
Ebenfalls am Mittwoch musste die Polizei zu einer Wohnung in Wien-Landstraße ausrücken. Eine 56-jährige Frau bat ihre Nachbarin um Hilfe. Ihr Lebensgefährte habe sie gewürgt, geschlagen und mit dem Umbringen bedroht. Auch eine Fensterscheibe soll der 35-jährige Österreicher in seiner Rage zerschlagen haben. Bei seiner Festnahme wurde ein Polizist am Kopf verletzt.
Die Gewalt gegen Frauen nimmt zu. Der mutmaßliche Mord in Favoriten ist laut den Autonomen Österreichischen Frauenhäusern (AÖF) bereits die vierte Bluttat mit weiblichen Opfern 2021. Von Februar bis August 2020 stieg die Zahl der ausgesprochenen Wegweisungen um mehr als 20 Prozent. Die Anrufe bei der Frauen-Helpline stiegen um 38 Prozent.
In der Corona-Krise werden viele Frauen zurück in die Wohnungen gedrängt. Durch Arbeitslosigkeit werden zusätzliche Abhängigkeiten geschaffen. Doch die Krise verstärke nur ein ohnehin vorhandenes Problem, sagt AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhummer.
Männer mit tief sitzenden patriarchalen Denkmustern und somit frauenverachtenden Einstellungen seien es, die – unabhängig von Nationalität, Herkunft oder Hautfarbe – zur Gewalt gegen Frauen und Kinder neigen.
„Männer morden nicht, weil sie eifersüchtig sind, sondern weil sie mit Eifersucht nicht umgehen können“, sagt Rösslhummer. Es seien Männer, die Konflikte, Probleme oder Streit nicht gewaltfrei lösen können.
Kampagne richtet sich an Männer
Sie hätte nicht gelernt, mit ihren Gefühlen gut umzugehen. Sie können und wollen keine Fehler zugeben, dazu komme ein starker Besitzanspruch. Und so seien in den Augen des Mannes – selbst nach einem mutmaßlichen Mord wie in Favoriten – am Ende die Frau und ihre Trennungswünsche schuld.
Auf diese und ähnliche „Ausreden“ für Gewalt wollen die Frauenhäuser nun mit einer Kampagne aufmerksam machen. Der zugehörige Spot soll bald im Fernsehen, in sozialen Medien und in Kinos zu sehen sein.
Betroffene erhalten Hilfe bei der Interventionsstelle gegen Gewalt und dem Frauennotruf: 0800/222555 bzw. 01/71719.
Kommentare