Fotovoltaik auf unseren Äckern: Kilowatt und Karotte?
Rund 80 Quadratkilometer der Fläche Österreichs müssen in den kommenden Jahren mit Fotovoltaikpaneelen ausgestattet werden. Die Zahl ergibt sich aus dem Ausbauplan der Regierung für die Energiewende, die das Ziel hat, Österreichs Stromproduktion bis 2030 frei von fossilen Energieträgern zu machen.
Längst gibt es einen Konflikt, wo die schwarzen Paneele platziert werden dürfen. Der Großteil kommt mit Sicherheit auf Dächer, die dafür geeignet sind. Ein großer Teil soll außerdem auf Freiflächen installiert werden – also auf Mülldeponien, auf Parkplatzflächen und allen anderen möglichen und bereits versiegelten Flächen.
Heftig ist der Streit aber über die Installation von PV-Anlagen auf Ackerflächen. Wie soll das die Bundesregierung handhaben, wo darf ein Acker mit PV-Modulen entstehen, was ist sinnvoll, was verträgt das Landschaftsbild, was die Bevölkerung, was die Touristen? Oder heißt der Streit nun Strom- statt Nahrungsmittelproduktion?
Lukas Hammer, Umweltsprecher der Grünen im Parlament, und einer der treibenden Kräfte der Energiewende, möchte da differenzieren. Er gibt zu bedenken, dass schon jetzt rund 160 km2 nur für den Anbau von Biodiesel verwendet wird und für die Einmischung von E5 und B7 (Biotreibstoffbeimischung für Benzin und Diesel) europaweit sogar 2.400 km2 Agrarfläche benötigt werden.
Bei der Frage des „Agri-PV“, also der PV-Flächen auf Ackerland, ärgert sich Hammer über die Diskussion: „Die wird vonseiten der Landwirtschaftskammer und leider auch von Ministerin Köstinger ziemlich unsachlich geführt. Denn es geht nicht um eine Versiegelung von Ackerflächen. Inzwischen sei Stand der Technik, dass für diese PV-Anlagen nur Säulen ohne Fundamente in den Boden gerammt werden müssen. So kann der Boden weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. Die Forschung sieht sogar einen zusätzlichen ökologischen Nutzen, wenn man es richtig macht.“
Tatsächlich hatte Ministerin Köstinger in einem Radiobeitrag Anfang der Woche zum Thema Bodenversiegelung die Erneuerbaren Energien als Problem genannt, was ihr heftige Kritik seitens der Ökostromverbände einbrachte. „Wir waren fassungslos, dass Ministerin Köstinger tatsächlich das Problem der Bodenversiegelung mit der Energiewende in Verbindung bringt und sinngemäß die Ausbauziele im Bereich Erneuerbarer Energien für eine Gefährdung der österreichischen Bodenschutzziele verantwortlich macht“, so Christoph Wagner, Präsident von Erneuerbare Energie Österreich. Der Verband beklagt, dass Köstingers Ministerium wegen der Frage des Agri-PV die Verordnung für die PV-Investförderungen seit Wochen blockiere. Ohne Geld stocke aber der Ausbau.
Welche Böden freigegeben werden, das entscheiden in Österreich die Länder und Gemeinden. Gegenüber dem KURIER erklärt Köstinger, warum das Thema kein einfaches ist. „Die Böden sind unsere wichtigste Ressource, wenn es um die Versorgungssicherheit mit regionalen und hochqualitativen Lebensmitteln geht. Wir müssen deshalb sehr sorgsam damit umgehen und Flächenverschwendung unter allen Umständen vermeiden. Das müssen wir auch beim Thema Agrar-Fotovoltaik berücksichtigen.“ Dazu gehöre zum Beispiel, dass nur eine „echte Doppelnutzung“ mit landwirtschaftlicher Hauptnutzung präferiert werde. Zentral sei aber ein anderes Problem: Ein Großteil der Bauern bewirtschaften gepachtete Äcker, und die Preise steigen. Nun zeichne sich ab, dass die Erträge aus landwirtschaftlicher Produktion nicht mit den Erträgen aus der Stromproduktion, die bis zu zehn Mal höher sein können, konkurrieren können. Derzeit gebe es eine finale Abstimmung vor Begutachtung der Investmentförderung, da werde es Zu- und Abschläge je nach der künftigen Flächennutzung geben.
Ähnlich sieht Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer, das Problem. Er lobt freilich das laufende Programm für energieautarke Bauernhöfe. „Unabhängig zu werden, den eigenen Strom zu produzieren und zu speichern, war ja unser Kerngedanke.“ Es könne aber nicht sein, dass gute Äcker von den Besitzern nur mehr zur Stromproduktion genützt werden, weil es mehr Geld bringe. „Zwei Drittel der bewirtschafteten Ackerflächen sind in Pacht. Das Dilemma ist, dass in manchen Regionen Energieunternehmer den Eigentümern lukrative Angebote für ihre Ackerflächen machen, weil es mehr Ertrag bringt. Das sehe ich als Problem, das wir lösen müssen.“
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