„Wir waren mit unserem Flir-Hubschrauber, der speziell für die Bildübertragung und bei der Personensuche zum Einsatz kommt, gerade auf dem Rückweg von Spielberg, als der Notruf kam. Unser anderer Hubschrauber war in Salzburg bei einem Waldbrand im Einsatz, darum haben wir uns entschlossen zu übernehmen, obwohl der Flir eigentlich kein ausgewiesener Bergehubschrauber ist“, erzählt Wohlgemuth, der auch Leiter der Alpinpolizei Spittal an der Drau ist.
Mit Baby im Wickeltuch im Altschneefeld
Als Jäger und Wohlgemuth am Einsatzort eintrafen, entdeckten sie zunächst zwei Personen auf einem Geröllhaufen mitten in einem Schneefeld. „Das Gelände war extrem steil. Die restlichen Personen hielten sich beim Einstieg eines Klettersteiges auf. Ich bin dann in den Schwebeflug gegangen, Horst ist ausgestiegen und hat den Vater und den Fünfjährigen, der völlig fertig war, in den Hubschrauber geholfen. Erst da ist mir aufgefallen, dass der Mann etwas umgebunden hatte. Ich habe zunächst an ein Handtuch gedacht, mit dem er sich wärmen wollte, bis ich erkannt habe, dass es ein Wickeltuch mit einem Baby war“, erzählt Jäger von der Flugpolizei. Nachsatz: „Damit hätte niemand gerechnet. Das war absolut hochalpines Gelände. Da gehe ich nicht mal alleine hin. Geschweige denn mit einem acht Monate alten Baby. Wäre der Vater auf dem Schneefeld ausgerutscht, will ich mir nicht ausmalen, wie das geendet hätte.“
Fordernder Einsatz für Retter
Nach und nach transportieren die Flugretter die Familie ins Tal, da der Hubschrauber nur Platz für zwei Gerettete bietet. Generell kann die Bergung als fliegerische Ausnahmeleistung eingestuft werden, da der Flir-Hubschrauber eigentlich zum Kreisen vorgesehen ist, Schwebeflüge hingegen schwer durchführbar sind. „Unser Hubschrauber ist aufgrund der speziellen Ausrüstung, wie einer Wärmebildkamera, schwerer. Beim Schwebeflug braucht er enorm viel Leistung“, erklärt Wohlgemuth. Und Jäger fügt hinzu: „Wir konnten im steilen Gelände ja nicht landen, somit mussten alle Mitglieder schwebend einsteigen. Das war ein außergewöhnlicher, fordernder Einsatz.“
Kinder total erschöpft und verängstigt
Auch auf das Eintreffen der Bergrettung zu warten, wurde von den Alpin-Profis angedacht. „Aber das hätte mindestens vier Stunden länger gedauert. Da waren Kinder, die total erschöpft und verängstigt waren, in Not. Und wir konnten die Risiken so eingrenzen, dass der Einsatz zu jedem Zeitpunkt sicher war“, erklärt der 39-jährige Pilot, der erst vor eineinhalb Wochen einen weiteren spektakulären Einsatz geleitet hatte. Um einen im Wasser treibenden Kajakfahrer zu bergen, führte die Crew des Polizeihubschraubers eine seltene Kufenbergung durch. Der Hubschrauber schwebte dabei nur zehn Zentimeter über Wasseroberfläche. Der Pilot hieß auch damals Klaus Jäger.
Einsatzkosten werden verrechnet
Der Einsatz wird der italienischen Familie, aufgrund ihres grob fahrlässigen Verhaltens, in Rechnung gestellt. 53 Euro kostet die Flugminute. Macht bei einer Einsatzdauer (die Suche selbst nicht miteingerechnet) von einer Stunde und zehn Minuten eine Summe von 3.710 Euro.
„Ich habe wirklich schon viel gesehen. Über Touristen mit Flip-Flops im hochalpinen Gelände, über einen Vater, der betrunken mit seinem kleinen Sohn nach Mitternacht von einer Hütte abgestiegen und in Bergnot geraten ist. Aber das jemand mit einem Baby im Wickeltuch so eine Route geht, ist völlig unverständlich“, sagt Jäger, der seit 2009 bei der Flugrettung ist.
Ein Gespräch zwischen den Geretteten und ihren Rettern kam übrigens im Eifer des Einsatzes nicht zustande. „Aber ich würde die Erwachsenen schon gerne fragen, was Sie sich dabei gedacht haben“, sagt Jäger.
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