Kein Grund zum Feiern
„Wir wollen ein Zeichen setzen, damit die Leute verstehen, dass das für uns als Almwirtschaft ein unhaltbarer Zustand ist“, begründet Rainer die Absage des alljährlich liebevoll zelebrierten Almabtriebes. Denn: „Unsere Tätigkeit wird ad absurdum geführt“, sagt Rainer. Und weil das kein Grund zum Feiern sei, verzichte man heuer eben auf einen feierlichen Almabtrieb. Jene Landwirte, die nicht von Rissen betroffen waren, machen aus Solidarität mit den Betroffenen mit.
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Zum Bauernherbst nach Maria Alm kamen in den vergangenen Jahren viele Touristen – bis zu 2.500 Leute. Um diesen auch heuer etwas bieten zu können, gibt es dennoch Stände mit Verköstigungen. Das sei keine Trotzhaltung, versichert Rainer. Aber seit sich das Raubtier vor fünf Jahren wieder angesiedelt hat, habe sich auch das Verhalten der Nutztiere verändert: So seien Kühe verängstigt, was wiederum dazu führe, dass sie Hunde von Wanderern attackieren, erklärt der Almbauer. Auch das hänge also mit dem Wolf zusammen: „Er bringt das System durcheinander.“ Deshalb fordert Rainer wie viele andere Landwirte, dass das Bejagen des Wolfes möglich werden soll: Die Tiere seien nicht vom Aussterben bedroht.
Ähnlich sieht das die Vize-Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Claudia Entleitner, selbst Almbäurin mit einem Bauernhof in Piesendorf im Pinzgau. Sie kennt die Situation in der Almwirtschaft daher aus eigener Erfahrung. „Wenn der Wolf Einzug hält und wir die Nutztiere nicht mehr schützen können, wird die ganze Almwirtschaft bedroht“, sagt sie. Sie fordert von der Politik daher eine Verankerung des Wolfes im Jagdgesetz. Selbst habe sie bei ihren Tieren zwar noch keinen Wolfsriss beklagen müssen, doch bei benachbarten Almbauern gab es bereits Fälle. Sie denke jedoch nicht nur an die Tiere, sondern auch an die Wanderer: „Wer gibt eine Garantie ab, dass es für Wanderer noch sicher ist auf den Almen?“
Eine Form der Tradition
Dass die Bauern in Maria Alm und Hinterthal heuer auf feierliche Almabtriebe verzichten, kann sie nachvollziehen. Zudem sei es ohnehin Tradition, dass die Tiere nur nach einem erfolgreichen Almsommer mit Kränzen geschmückt werden. Damit signalisiere man, alle Tiere seien wohlauf. „Wir machen das aber nicht zur Belustigung der Leute“, stellt sie klar.
Früher seien Almabtriebe eher in den Familien gefeiert worden, „da gab es nie ein großes Fest“, erinnert sich Entleitner. Zudem verzichten manche Bauern generell auf einen Almabtrieb zu Fuß. Und zwar dann, wenn den Tieren die Strecke wegen des Verkehrs nicht zumutbar ist. Stattdessen werden sie dann auf Anhängern transportiert.
Auch der Geschäftsführer der Tourismus-Gesellschaft Salzburg, Leo Bauernberger, zeigt großes Verständnis dafür, dass Bauern den feierlichen Almabtrieb absagen, sollten sie während des Sommers durch Wolfsrisse Tiere verloren haben. Für Bauernberger steht fest: „Der Wolf ist eine Gefahr für die alpine Landwirtschaft.“
In Kärnten und Tirol sind vorerst noch keine Absagen von feierlichen Almabtrieben bekannt.
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