Interessant: Nicht nur die Zahl der kinderlosen Paare steigt in Österreich kontinuierlich, auch der Anteil der Menschen, die sagen, dass Kinder zu einem erfüllten Leben gehören, ist stark gesunken – das gilt für Männer, aber ganz besonders für Frauen (siehe Grafik und Infobox).
Die gesellschaftliche Erwartung an junge Menschen ist dabei über die Jahrzehnte gleich geblieben: Als Norm gilt, dass sich Menschen Kinder wünschen. Schmidt: „Wer keinen Nachwuchs will, der muss das legitimieren und gut begründen.“
Was auffällt: „Frauen sind bei der Frage viel länger unschlüssig. Das sehen wir vor allem bei Frauen rund um ihren 30. Geburtstag. Viele können nicht sagen, ob sie gar keine Kinder haben wollen oder vielleicht doch“, weiß Schmidt.
Den Richtigen finden
Wobei diese Entscheidung von vielen Faktoren beeinflusst werde: „Das beginnt beim passenden Partner, mit dem die Frau die Betreuungsarbeit aufteilen kann, und endet mit der Frage, wie sie das Leben gestaltet, wenn sie einmal Mutter ist. Wie bekommt sie die Erwartungen, die man an sie als Mutter stellt, mit der Erwartung, die im Beruf an sie gestellt werden, in Einklang?“.
Eines hat sich trotz Emanzipation über die Jahrzehnte in Österreich nicht verändert: Von Müttern wird erwartet, dass sie dem Kind Priorität einräumen und ihre beruflichen und auch persönlichen Wünsche und Bedürfnisse hintanstellen. „Gleichzeitig erhalten Mütter die Botschaft, sie sollen Vollzeit arbeiten. Die Lösung, die ihnen präsentiert wird, sind Kinderbetreuungseinrichtungen, die gute Bildungseinrichtungen sein sollten, aber einfach in der Qualität hinterherhinken“, stellt Schmidt fest.
Frauen im Dilemma
Vor diesem Dilemma stehen in Österreich vor allem Frauen, nicht die Männer. „Da zeigt sich, wie wirkmächtig immer noch das Bild von der sich aufopfernden Mutter ist“, sagt die Soziologin. „Beim Vater wird ganz selbstverständlich argumentiert, dass er einen guten Job braucht, damit genug Geld für die Familie da ist. Die Idee, dass er seine Erwerbstätigkeit anpasst oder unterbricht, um für sein Kind zu sorgen, kommt gar nicht vor.“
Wenn Väter in Karenz gehen, sei das immer noch etwas Besonderes. „Das zeigt sich schon am Begriff Väterkarenz, der das Außergewöhnliche hervorstreicht. Den Begriff Mütterkarenz gibt es nicht.“ Von Männern werde zwar erwartet, dass sie sich an der Erziehung beteiligen. „Doch wer von Beteiligung redet, stellt gleichzeitig klar, dass da jemand ist, der die Hauptverantwortung trägt – die Mutter.“
Und weil am Ende immer die Frau diejenige ist, die die Verantwortung tragen muss, entscheidet sie sich immer häufiger gegen Kinder – stärker als etwa in Dänemark oder in Norwegen, wo Mütter es zum Beispiel weitaus positiver bewerten, wenn ihr Sohn oder ihre Tochter früh in den Kindergarten kommt.
Frauen ermutigen
Was also könnte man tun, wenn man junge Menschen dazu ermutigen will, sich für Kinder zu entscheiden? Soziologin Schmidt schlägt vor: „Dass diese wirkmächtigen Idealvorstellungen von Mutterschaft aufgebrochen werden.“ Dass man zum Beispiel nicht mehr von Väterkarenz, sondern nur von Elternkarenz spricht. Möglich wäre auch, dass man eine längere Karenzphase für junge Väter reserviert, „auch wenn das in die derzeitige ideologische Landschaft nicht passt.“
Eine weitere politische Antwort wäre, dass man die Care-Arbeit, privat und beruflich ausgeübte, sowohl finanziell als auch in der gesellschaftlichen Akzeptanz aufwertet.
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