Falscher Professoren-Titel härter bestraft als Alko- oder Nazi-Exzess
Was wirkt in Österreich disziplinär schwerer? Ein hochrangiger Polizist, der mit knapp zwei Promille Alkohol aus dem Ausland einreist, einen Verkehrsunfall verursacht, davon fährt, seine Kollegen anlügt und mit seinen Verbindungen zu Polizeichefs droht – oder ein Universitätsdozent, der sich in einem Internet-Profil als Professor ausgibt, obwohl er eigentlich nur außerordentlicher Professor ist?
6.000 Euro Geldstrafe
Die Bundesdisziplinarkommission im Bundeskanzleramt hat darauf eine Antwort und verurteilte den Polizeibeamten jedenfalls im Falle des Alkoholexzesses zu 3.600 Euro Geldstrafe, den Dozenten hingegen zu 6.000 Euro. Denn dieser hatte laut Urteil ab einem nicht mehr exakt feststellbaren Zeitpunkt bis zumindest 16. November 2021 die Bezeichnung „Universitätsprofessor“ wiederholt unrechtmäßig geführt, unter anderem in seinem LinkedIn-Profil und auf Internetseiten. Darüber hinaus hatte er Untersuchungen außerhalb der Uni durchgeführt, aber die Universität als Untersuchungsort angegeben. Doch dies war im Verfahren nur eine Nebensächlichkeit.
Der Dozent gab bei der Verhandlung zu, auf seinem LinkedIn-Profil die Titelbezeichnung „Univ.-Prof.“ zu Unrecht geführt zu haben, führte diesen Fehler allerdings auf eine Unachtsamkeit bei der Erstellung seines Profils zurück. Offenbar war das Anführen der Buchstaben „ao“ vor dem Univ.-Prof. damals nicht möglich gewesen. Die Bezeichnung sei mittlerweile richtiggestellt worden, stellte auch das Gremium fest.
Im kürzlich veröffentlichten Urteil heißt es: Nach den Ergebnissen des Disziplinarverfahrens ist bei dem Beamten zur Last liegenden Disziplinarvergehen weder von geringer Schuld noch von unbedeutenden Folgen der Tat auszugehen. Als schwerste Dienstpflichtverletzung ist das unrechtmäßige Führen der Bezeichnung als „Univ.-Prof.“ anzusehen.
Nazi bekam es billiger
Die verhängte Geldstrafe ist jedenfalls eine der höchsten in den vergangenen Jahren. Erst im Herbst hatte das Beamten-Gremium für Aufsehen gesorgt, weil ein Bundesheer-Unteroffizier jahrelang in SS-Uniform spazieren ging und den Hitlergruß zeigte. Mehrere Minister bis hin zum Bundespräsidenten äußerten ihren Unmut über das milde Urteil. Dieses lag mit 4.900 Euro Geldstrafe außerdem ebenfalls unter jenem des falschen Professors.
Eine wichtige Rolle im Verfahren hat der Disziplinaranwalt des jeweils zuständigen Ministeriums. Im Falle des Soldaten drängte dieser ebenso auf ein mildes Urteil wie jener des Innenministeriums im Falle des Alko-Polizisten, was sogar im Urteil extra vermerkt ist.
Ob der Anwalt des Wissenschaftsressorts prinzipiell strenger ist, ist auch mangels Vergleichen schwierig zu erkennen. Beamte der Wissenschaft stehen vergleichsweise selten vor der Disziplinarkommission. Die meisten Urteile betreffen Mitarbeiter der Post, Polizisten oder Justizwachebeamte. Sehr oft ist dabei Alkohol im Spiel.
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