Prozess gegen Anästhesisten vertagt

Nadina wurde 2008 als Baby in Innsbruck operiert und erlitt einen Gehirnschaden.
Mädchen seit Routineoperation an Innsbrucker Klinik schwerstbehindert. Prozess vertagt.

Im Fall eines nach einer Leistenoperation an der Innsbrucker Klinik schwerstbehinderten Mädchens ist am Dienstag am Landesgericht Innsbruck der Prozess gegen einen Anästhesisten vertragt worden. Zwei Zeugen waren zu ihrer Einvernahme nicht erschienen. Außerdem beantragten die Staatsanwältin und der Verteidiger die Einvernahme von weiteren Zeugen. Die Anklage wirft dem 56-Jährigen fahrlässige Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen vor.

Die kleine Nadina war am 4. Jänner 2008 im Alter von sechs Wochen am Landeskrankenhaus Innsbruck operiert worden. Bei der Behandlung kam es zu Komplikationen, die einen massiven Gehirnschaden des Kindes zur Folge hatten. Der Anästhesist hatte sich am ersten Verhandlungstag im September dieses Jahres nicht schuldig bekannt.

Schwere Hypoxie

Laut dem medizinischen Gutachter Gernot Pauser hat eine schwere Hypoxie (Mangelversorgung des Gewebes mit Sauerstoff; Anm.) die graue Gehirnsubstanz des Mädchens beschädigt. Der Angeklagte hatte jedoch stets darauf beharrt, dass Nadina unter seiner Aufsicht keine Hypoxie hatte.

Staatsanwältin Erika Wander las aus mehreren Unterlagen jedoch ab, dass der Angeklagte während Nadinas Aufwachphase gleichzeitig die Aufsicht über drei Kinder hatte. "Um 12.50 Uhr waren Sie für zwei Kinder im Aufwachraum und eines im OP verantwortlich", sagte die Staatsanwältin. Dies bestätigte der Angeklagte.

Für den vierten Prozesstag waren die zusätzliche Einvernahme des Anästhesisten, mehrere Zeugenaussagen und der Vortrag eines Gutachtens geplant. Ein Urteil könnte noch heute, Dienstag, ergehen.

Im Fall Nadina sagten am vierten Prozesstag mehrere Ärzte, die das Mädchen während ihres Aufenthalts an der Innsbrucker Klinik und danach in Wien behandelt hatten, als Zeugen aus. Eine Neurologin des prächirurgischen Epilepsiezentrums erklärte, dass Nadina einen "schweren hypoxischen bis ischämischen Hirnschaden" habe und dieser vermutlich durch Sauerstoffmangel ausgelöst worden sei.

Voruntersuchungen

Außerdem habe man das Mädchen auf viele Stoffwechselerkrankungen untersucht, die ebenfalls verantwortlich für einen derartigen Hirnschaden sein könnten, um feststellen zu können, ob Nadina vor der Operation tatsächlich ein gesundes Kind war. "Unsere Untersuchungen ergaben jedoch, dass keine dieser Stoffwechselerkrankungen bei Nadina vorhanden war. Natürlich könnte es auch noch andere Vorerkrankung geben, zu 100 Prozent kann man so etwas nie abklären", meinte die Neurologin.

Der ebenfalls als Zeuge geladene Oberarzt der Innsbrucker Kinderintensivstation berichtete vor Richter Gerhard Melichar, dass Nadina aufgrund von Muskelzuckungen im Aufwachraum auf die Kinderintensivstation verlegt worden war. Dies trete bei Säuglingen nach einer Narkose jedoch durchaus öfter auf, sagte der Arzt. Von etwaigen Streckkrämpfen des Mädchens im Aufwachraum sei ihm nicht berichtet worden und er habe solche während seiner Dienstzeit auch nicht beobachtet, fügte er hinzu. Diese seien erst später aufgetaucht.

Kritik an Pädiatrie

Pauser kritisierte indes die vorerst abwartende Behandlung von Nadina auf der Kinderintensivstation. "Es kam auf der Pädiatrie zunächst zu keinen weiteren abklärenden Untersuchungen, erst am dritten Tag wurde zur Untersuchung des Mädchens ein bildgebendes Verfahren eingesetzt", beanstandete der Gutachter. Dies erklärte der Oberarzt mit dem guten Zustand des Mädchens zu diesem Zeitpunkt. "Das Kind war vollkommen unauffällig und in diesem Fall kann ich mit Behandlungen zuwarten, um das Kind zu schonen", verteidigte sich der Mediziner. Außerdem seien sehr wohl verschiedene Untersuchungen durchgeführt worden.

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