White Milk: Ex-BVT-Direktor war über Mossad-Kooperation nicht informiert

Das BVT in Wien.
Warum er nicht informiert worden sei, könne er sich letztlich nicht erklären, sagte Peter Gridling vor Gericht aus.

Der Amtsmissbrauch-Prozess gegen vier Spitzenbeamte des Verfassungsschutz BVT und einen Beamten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde am Donnerstag fortgesetzt. Mit Spannung wurde die Einvernahme des früheren BVT-Chefs Peter Gridling erwartet. Den Angeklagten wird vorgeworfen, den syrischen Geheimdienst-General Khaled A. im Auftrag des israelischen Geheimdienstes Mossad in Österreich "versteckt" und ihm Asyl verschafft zu haben. Der oberste Verfassungsschützer Gridling will von der Operation nichts gewusst haben.

„Es dringt nicht jede Amtshandlung zur Direktion vor“, betonte Gridling. Es gebe immer wieder Kooperationen, über die normalerweise nur ein kleiner Personenkreis Kenntnis gehabt habe. In den meisten Fällen seien Kooperationen auf Referats- und Abteilungsebene geschlossen worden, nur bei „etwas Größerem“ habe das der stellvertretende Direktor übernommen. Eine richtige Kooperationsvereinbarung gebe es aber nur auf Direktionsebene. Gridling selbst habe von der Operation „White Milk“ aber nichts gewusst. „Mir ist der Sachverhalt erst klar geworden, wie die WKStA ermittelt hat“. In ihren Befragungen verwiesen die Angeklagten immer wieder darauf, entweder nichts gewusst zu haben oder aufgrund ihres Dienstgrades einfach Anweisungen befolgt zu haben. „Wenn ich eine rechtswidrige Weisung bekomme, habe ich darauf aufmerksam zu machen“, sagte Gridling.

Spannungen und Konkurrenzverhältnis

Dass Informationen an ihm „vorbei“ direkt zum Generaldirektor für öffentliche Sicherheit gekommen sind, sei nichts besonderes gewesen. Sein damaliger Stellvertreter sei zwar nicht verpflichtet gewesen, ihn über die Kooperationsvereinbarung zu informieren, „es wäre aber im Sinne der Verantwortung durchaus notwendig gewesen“. Dieser Stellvertreter wiederum hätte seine Informationen vom erstangeklagten aber krankheitsbedingt nicht verhandlungsfähigen Abteilungsleiter Martin W., bekommen. Zwischen dem Abteilungsleiter und seinem Vorgesetzten, dem stellvertretenden BVT-Direktor habe es „Spannungen und ein Konkurrenzverhältnis“ gegeben, betonte Gridling.

Sein eigenes Verhältnis zu seinem Vize sei sehr eng gewesen, wohl auch deshalb, weil „er eine Zuständigkeit gehabt hat, die über die übliche des stv. Direktors hinausgeht. Das war aber nicht meine Entscheidung, sondern die des Ministeriums“.
Warum er nicht informiert worden sei, könne er sich letztlich nicht erklären. Wäre dem so gewesen, hätte er wohl eine Prüfung der Kooperation in Auftrag gegeben. „Die Zusammenarbeit ist ja kein Selbstzweck“. Beendet habe letztlich er selbst die Kooperation, kurz nachdem er selbst davon erfahren hatte, sagte Gridling.

Freundschaftliches Verhältnis

Dem syrischen General wird die Mitverantwortung für Folterungen von Gegnern des syrischen Regimes in einem Gefängnis in Rakka vorgeworfen. Mittlerweile ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Wien in Bezug auf die Vorgänge in dem syrischen Gefängnis.
Ebenfalls als Zeuge geladen war der damalige Stellvertreter des Martin W.. Zur Zeit der Vorwürfe hätte er ein „freundschaftliches“ Verhältnis zu seinem Vorgesetzten geführt, dass habe sich im Zuge des BVT-Verfahrens und der teils „verstörenden“ Dinge die dort aufkamen, geändert.

Wie es zur Operation „White Milk“ kam, könne er nicht sagen, nur dass diese damals „ein Randthema“ gewesen sei. „Top geschulte, teils langjährige Mitarbeiter“ seien damit betraut gewesen - ob die Angeklagten der Aufgabe aus „Freude oder Liebe“ nachgekommen seien, könne er nicht sagen. Klar sei, dass es „sicher eine interessante Kooperation (..) und deren Aufgabe“ war. Eine Kooperationsvereinbarung habe er aber nie gesehen. Auch er unterstrich Spannungen zwischen dem ehemaligen stv. Direktor und Martin W..

Zuvor noch sagte die damalige Leiterin des Extremismusreferats als Zeugin zur „Causa Tulpe“ aus. Vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) OÖ wurde das BVT davon aufmerksam gemacht, dass sich in OÖ ein Asylwerber befinde, der den General kennen könnte. Einer der angeklagten Chefinspektoren habe sich daraufhin dafür eingesetzt, diesen vor dem eigentlich zuständigen Extremismusreferats zu befragen. So etwas sei „immer wieder vorgekommen, ich habe ihm gesagt, dass sie ihn (Anm: den OÖ Asylwerber) gerne haben können und ihn darauf aufmerksam gemacht, den Extremismus-Aspekt miteinbeziehen“, so die Beamte.

Starke Führungsperson

Den ehemaligen Abteilungsleiter Martin W. schätze sie nicht als „starke Führungsperson“ ein. „Wer ihn beruflich miterlebt hat, kann nicht glauben, dass er ohne eine Anweisungen von oben tätig wurde“, verließ der Verteidiger eines Angeklagten eine Nachricht von ihr auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Die Beziehung des Martin W. zum stellvertretenden Direktor war auch Thema der vorangegangen Befragung des Zweitangeklagten, dem ehemaligen Spionagechefs Bernhard P. Genau genommen ein Streit rund um die Kooperationsvereinbarung mit dem Mossad. Bei einem Treffen des ehemaligen Chefinspektors, des Spionagechefs und des Abteilungsleiters, der krankheitsbedingt nicht an dem Prozess teilnehmen kann, dürfte auch der zum damaligen Zeitpunkt stellvertretende Direktor des BVT anwesend gewesen sein. Dieser sei in einen Streit mit dem damaligen Abteilungsleiter Martin W. geraten, nämlich darüber, wer die Kooperationsvereinbarung mit dem Mossad abgeschlossen habe. „Alles andere entzieht sich wundersamerweise meiner Erinnerung“, sagte Bernhard P.. Bis zum heutigen Tage könne er sich nicht daran erinnern, wer die Vereinbarung abgeschlossen habe. Er habe seine Informationen immer vom damaligen Abteilungsleiter Martin W. erhalten.

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