"Können uns Zersiedelung nicht mehr leisten"

"Können uns Zersiedelung nicht mehr leisten"
Im Bergland geht der Platz für Häuser im Grünen aus. Der Raum sei dafür auch zu kostbar, sagt ÖVP-Landesrat Johannes Tratter im KURIER-Interview.

Tirol – insbesondere der Zentralraum um die Landeshauptstadt und der Bezirk Kitzbühel – gehört zu den teuersten Wohnpflastern Österreichs. Das ist einerseits den beengten Verhältnisse im Bergland geschuldet. Gleichzeitig gibt es regen Zuzug. Innsbruck ist etwa die am schnellsten wachsende Landeshauptstadt. Dass Eigenmittel seit der Finanzkrise verstärkt in Immobilien geparkt werden, tut das Seine dazu. Wohnkosten verschlingen bei Durchschnittsfamilien einen beträchtlichen Teil des Einkommens.

Ein entscheidender Umkehrschwung in dieser Problematik will der Landespolitik seit Jahren nicht gelingen. Auch wenn Tirols Landesrat Johannes Tratter (ÖVP), unter anderem zuständig für Wohnen und Raumordnung, Kritikern entgegenhält: "Leistbares Wohnen ist in Tirol überall dort möglich, wo wir im geförderten Wohnbau sind."

Dass der Traum vom eigenen Haus mit Ausnahme von peripheren Regionen in Tirol kaum mehr realisierbar ist, bestreitet Tratter hingegen nicht: "Wir können uns so eine Zersiedelung in Tirol, wie wir sie über Jahrzehnte hatten, aber auch gar nicht mehr leisten". Zu knapp sei der Platz.

Drei Prozent bebaubar

Gemeinhin gelten ohnehin nur dreizehn Prozent der Landesfläche Tirols als bebaubar. "Das würde aber bedeuten, dass man die ganzen Talflächen – etwa im Inntal von Kufstein bis Landeck – durchgängig bebaut. Keiner von uns will das", sagt Tirols oberster Raumplaner und rückt die Zahlen zurecht: "Wir gehen in Wahrheit davon aus, dass drei bis vier Prozent der Landesfläche für Wohnen, Gewerbe, Freizeitinfrastruktur und Ähnliches zur Verfügung stehen. Und diese drei, vier Prozent sind größtenteils schon verbaut, wenn man ehrlich ist."

"Können uns Zersiedelung nicht mehr leisten"
An aerial view of the western Austrian city of Innsbruck in front of the Nordkette mountains, November 30, 2014. REUTERS/Dominic Ebenbichler (AUSTRIA - Tags: ENVIRONMENT CITYSCAPE)
Darum müssten Ortschaften vor allem verdichtet werden. Und auch wenn in vielen Dörfern der Wunsch da sei, keine Wohnanlagen entstehen zu lassen, geht für Tratter daran kein Weg vorbei. "Auch wenn das keiner gerne hört: Aber raumordnungsfachlich sind Einfamilienhäuser über das ganze Land verstreut nicht vertretbar."

Aber auch leistbare Flächen für Wohnbauten sind in Tirol zunehmend schwer zu finden. Und das, obwohl nach wie vor enorme Flächen an gewidmetem Baugrund brach liegen. Um welche Größenordnung es sich handelt, will der Landesrat unter Berufung auf die Autonomie der für örtliche Raumordnung zuständigen Gemeinden, nicht sagen.

Gehortetes Bauland

Doch allein in Innsbruck geht es um eine Größenordnung von 700.000 Quadratmetern. Der Großteil der gehorteten Gründe in Tirol ist laut dem Landesrat in den 90er-Jahren gewidmet worden, aber nie auf dem Markt gelandet. "Sehr viele dieser Gebiete sind innerörtlich", sagt Tratter.

Sein Vorgänger als Wohnbaulandesrat, Thomas Pupp von der nunmehrigen Oppositionspartei SPÖ, hat zuletzt gefordert, jahrelang brachliegendes Bauland, wieder rückzuwidmen. Für Tratter kommt das nicht infrage. Vielmehr hätten die Gemeinden bereits Instrumente, um Bauland zu mobilisieren.

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