Elf Millionen Euro jährlich für kaum genütztes Schubhaft-Zentrum

Das Zentrum wurde 2014 eröffnet
Der Rechnungshof zerpflückt das Anhaltezentrum: Zu teuer, nicht ausgelastet.

944.684 Euro. So viel kostet das Anhaltezentrum Vordernberg pro Monat: Personal, Miete, Gebäude und "sonstige Ausgaben", listen die Beamten des Bundesrechnungshofs in ihrem jüngsten Bericht penibel auf. Und rechnen auch gleich zusammen: Pro Jahr kostet das mehr als elf Millionen Euro.

Alldings für ein nahezu leer stehendes Haus: Seit der Eröffnung im Jänner 2014 beträgt die Auslastung nämlich bloß 18 Prozent, rügen die Prüfer. Für Vordernberg ist das aber schon eine richtig hohe Zahl, denn "ab April 2015 tendiert die Belegung gegen null", heißt es.

2014 gab es pro Tag noch durchschnittlich 17 Menschen in Vordernberg zu betreuen, im Vorjahr waren es dann nur noch acht. Oder anders, wie aus früheren parlamentarischen Anfragen an das Innenministerium bekannt ist: 2014 waren noch 112 Schubhäftlinge dort untergebracht, zwischen September und Dezember 2015 kein Einziger.

Kosten immer gleich

Dennoch ist Vordernberg personell voll besetzt. Egal, wie wenige Schubhäftlinge untergebracht sind: Das Schubhaft-Zentrum kostet immer gleich viel. Laut Rechnungshof kostet ein Hafttag in Vordernberg somit 807 Euro, in der Wiener Rossauer Lände zum Vergleich 207 Euro.

24 Millionen Euro kostete es alleine, das Gebäude am Rande der obersteirischen Gemeinde überhaupt aus dem Boden zu stampfen. "Teuer", monierten die Prüfer, deren Vorwürfe stakkatoartig auf das Innenministerium einprasseln: Keine Projektdokumentation, keine Analysen über Schubhaftzahlen, keine budgetäre Obergrenze bei der Errichtung, keine Berechnung, ob die Höhe der Miete angemessen sei.

Apropos Miete: Der Mietvertrag mit der Bundesimmobiliengesellschaft (monatliche Gebäudekosten: 221.000 Euro) darf 33 Jahre lang nicht gekündigt werden. Somit zahlt das Ministerium ein Vielfaches der Errichtungskosten als Miete.

Nur ein Bieter möglich

Zusätzlich gibt es ein kompliziertes Vertragskonstrukt zwischen Ministerium, Gemeinde und Sicherheitsfirma G4S. Diese Verträge über den Betrieb laufen über 15 Jahre. Um monatlich rund 464.000 Euro geht es da. Das Vergabeverfahren war für die Prüfer zudem vollkommen intransparent: Die Kriterien waren so eng gesteckt, dass es nur einen Anbieter geben konnte G4S.

Das Vertragskonstrukt selbst durfte der Rechnungshof nicht prüfen: Er ist für Gemeinden unter 10.000 Einwohner nicht zuständig.

Die Grünen sehen sich in ihrer langjährigen Kritik an Vordernberg damit bestätigt. "Das ist eine massive Steuergeld-Verschwendung", ärgert sich Nationalrätin Alev Korun: "Die ÖVP ist aufgefordert, die Konsequenzen aus diesem Skandal zu ziehen und der Republik den Schaden zu ersetzen."

Innenminister Wolfgang Sobotka konterte, Experten des Ministeriums würden den Befund des Rechnungshofes nun prüfen. Danach werde es eine Stellungnahme geben: "Rechnungshof-Berichte sind das eine, die Antwort ist das andere." Gefragt, ob auch eine Schließung möglich wäre, blieb der ÖVP-Minister vorerst vorsichtig: "Zuerst wird man einmal nachdenken dürfen."

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