„Da gibt’s noch viele Fragezeichen“

Schubhaftzentrum Vordernberg
Menschenrechtsexperten besorgt über Privatisierung im Schubhaftzentrum.

Zehn Jahre lang hat der Menschenrechtsbeirat den Bau eines Schubhaftzentrums gefordert: Damit Asylwerber nicht in Gefängniszellen untergebracht werden. Vordernberg hätte daher eine Chance sein könnte, betont Jusprofessor Wolfgang Benedek, viele Jahre Mitglied dieses Beirates. „Aber meine Sorge ist, dass das durch die Privatisierung unterlaufen wird.“

Die Aufgabenteilung zwischen Polizei und privater Sicherheitsfirma G4S in Vordernberg macht Menschenrechtsexperten, aber auch Verfassungsrechtlern Kopfzerbrechen. „Da gibt’s noch viele Fragezeichen“, meint Benedek. „Warum wird in der Ausschreibung Sicherheitserfahrung verlangt, wenn die dann nicht gebraucht wird?“

Wie berichtet, war dies eines der Kriterien, um den 68-Millionen-Euro-Auftrag zu lukrieren. Benedek hegt einen Verdacht, warum. „Mein Eindruck ist, der ursprüngliche Gedanke war, die sollen möglichst viel übernehmen, inklusive Betreuung. Das hätte auch Bewachung bedeutet“, schildert er bei einer Diskussion der steirischen Grünen. „Und jetzt kommt man drauf, da haben wir ein Verfassungsproblem.“

Sparen

Juristisch könnte das gelöst werden, bewertet Rechtsphilosoph Peter Koller. „Es ist eine Konstruktion möglich, die rein verfassungsrechtlich die Auslagerung erlaubt.“ Die lasse aber das generelle Dilemma offen: Ausgliederungen aus der Staatsverwaltung hätten stets den Zweck, zu sparen. „Private bieten Leistungen um geringeren Preis an und müssen trotzdem Profite machen. Irgendjemand muss aber die Kosten dafür zahlen, das sind die Klienten, in dem Fall die Schubhäftlinge.“

Das wirft für Benedek eine weitere heikle Frage auf: „An wen kann sich ein Betroffener wenden, wenn ihm dort etwas zustößt? Was ist mit dem Rechtsschutz, wer ist verantwortlich?“ Wäre der Staat zuständig, sei das klar. „Aber hier gibt es zivilrechtliche Verträge. Die rechtliche Schlechterstellung ist jedenfalls schlechter.“

Alev Korun, Nationalratsabgeordnete der Grünen, befürchtet, dass Vordernberg nur der erste Schritt ist. „Das wäre ein Dammbruch. Dann steht die Privatisierung von Gefängnissen ins Haus.“

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