Eine zentrale Anlaufstelle für vom Klimawandel geplagte Gemeinden

Eine zentrale Anlaufstelle für vom Klimawandel geplagte Gemeinden
Eine von André Heller gestartete Initiative informiert über mögliche Anpassungsmaßnahmen und deren Finanzierung.

Nicht nur Großstädte kämpfen mit den Auswirkungen des Klimawandels. Es sind alle Städte und Gemeinden, die auf die eine oder andere Art von den Klimaveränderungen betroffen sind. Sei es durch die zunehmende Hitze im Sommer, sei es durch immer häufiger werdende Extremwetterereignisse.

Im Unterschied zu großen Städten haben kleinere Gemeinden aber weniger Ressourcen, um sich mit Anpassungsstrategien für diese Klimaveränderungen auseinanderzusetzen.

Was können wir sinnvollerweise tun? Und wo bekommen wir das Geld dafür her?

Informationen, die sich die Zuständigen mühsam zusammensuchen mussten - bisher.

Informationen aus einer Hand

Die am Mittwoch aus der Taufe gehobene Initiative "KlimaKonkret" setzt genau an dieser Stelle an und will ein One-Stop-Shop für interessierte Gemeinden sein. Ins Leben gerufen hat sie der Künstler André Heller: "Es geht nicht darum, weiter Ängste zu schüren, wir wollen Lösungen", sagt er.

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André Heller hatte die Idee für die Initiative

Gemeinsam mit dem Meteorologen Simon Tschanett entwickelte Heller die Idee weiter, marschierte zu Bundespräsident Alexander Van der Bellen und mit dessen Unterstützung im Gepäck wurde die Initiative breit aufgestellt. So sind unter anderem das Climate Change Center Austria (CCCA), der Klima- und Energiefonds, das Umweltbundesamt, der Gemeindebund, das Ökosoziale Forum und das "Innovation in Politics"-Institut an Bord.

Aus der Praxis

Doch was passiert nun konkret?

Als Erstes wurde von "KlimaKonkret" ein illustrierter Faltplan erstellt, der anhand einer prototypischen Gemeinde zeigt, was alles möglich ist. 46 konkrete Maßnahmen gegliedert in vier Themenbereiche (Grünräume sichern, Mobilität vielfältig gestalten, klimagerecht bauen, Wasser intelligent nutzen) sollen Anstöße geben. Dieser Tage wird der Faltplan an rund 30.000 Stellen österreichweit verschickt, darunter an alle knapp 2.100 Gemeinden, aber auch an Stellen in Bund und Ländern.

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Das müsse sein, denn "wenn der Bund nicht finanziell unterstützt, die Länder nicht in die Umsetzung gehen und die Gemeinden nicht wissen, was Sie tun können, dann kann es nicht gelingen", betont Tschanett.

Darüber hinaus gibt es eine Webseite (klimakonkret.at) und eine beim CCCA angesiedelte Hotline, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie andere Interessierte direkt mit den Stellen in Verbindung setzen soll, die gebraucht werden - ob Forschung, Büros für Landschaftsplanung oder Expertinnen und Experten für Fördergelder.

Tulln will Vorzeigeprojekt schaffen

Einer, der von der Sache schon überzeugt ist, ist der Tullner Bürgermeister Peter Eisenschenk (ÖVP). Auch die "Gartenstadt" spürt den Klimawandel, etwa anhand von Pflanzen, die mit trockenen Wintern und Starkregen im Sommer nicht zurechtkommen. "Birken und Buchen wirst du in Tulln bald suchen", übt sich Eisenschenk in Galgenhumor.

Um dem entgegenzuwirken, hat sich die Stadt einen breiten Aktionsplan auferlegt. Eines der Vorhaben ist, den zentralen Nibelungenplatz neben dem Rathaus von einer Asphaltwüste in einen klimafitten Platz umzuwandeln, sprich: zu entsiegeln. Wo jetzt noch täglich um die 200 Autos parken, soll künftig Grün dominieren.

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So sieht der Nibelungenplatz (Bildmitte) momentan aus

Noch stehe man vor vielen Herausforderungen, sagt Eisenschenk, von der Finanzierung bis zum Finden von Ersatzflächen für die Parkplätze. Doch die Vision ist klar: "Es ist unser großes Ziel, als Vorzeigeprojekt einen zentralen Platz klimafit zu machen." Am 9. Dezember soll im Gemeinderat der entsprechende Grundsatzbeschluss gefasst werden.

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Und so könnte der Platz künftig aussehen (Gedankenskizze)

Sabine Naderer-Jelinek, SPÖ-Bürgermeisterin von Leonding in Oberösterreich, kennt Eisenschenks Probleme. Bis vor wenigen Jahren sei der Kürnbergwald, die grüne Lunge der Stadt, ein "florierendes und funktionierendes Ökosystem" gewesen, erzählt sie. Doch in den letzten Jahren sei ein regelrechter Kahlschlag passiert: "Was der Borkenkäfer übrig gelassen hat, an dem nagt der Pilz und den Rest erledigen die Hitze und die Trockenheit, die jedes Jahr zunehmen."

Gesundheitliche Belastungen

Auch der zentrale Stadtplatz sei im Sommer aufgrund von Temperaturen von um die 40 Grad praktisch nicht mehr nutzbar. Belastungen vor allem für ältere Menschen, aber auch Kinder seien die Folge. Kurz: Wir merken den Klimawandel an allen Ecken und Enden."

Daher setzt Naderer-Jelinek auch große Hoffnungen in "KlimaAktiv". Denn "gemeinsam an Lösungen arbeiten ist etwas, das wir Gemeinden sehr gut können", sagt sie. Sie kenne viele Gemeindeoberhäupter, die gerne tätig werden wollen, aber nicht wüssten, wo sie anfangen sollen: "Darum halte ich diese Initiative für so großartig." Ein zentraler Ansprechpartner, der alles an einem Platz bietet, der aufzeigt, was der konkrete Nutzen sein kann, aber auch, wo das nötige Geld geholt werden kann, sei genau das richtige Angebot.

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Die Rückseite des Faltplans: Projektvorschläge und weitere Tipps

Es könne nur dadurch funktionieren, "mit positiven Beispielen voranzugehen, zu zeigen, was hat es uns auch monetär gebracht, was hat es uns bei den Bürgerinnen und Bürgern gebracht, weil Diskussionen entstanden sind, weil Zuspruch entstanden ist". Das sei auch das, was sie und ihr Tullner Kollege Eisenschenk beitragen könnten, um diese Flamme weiterzutragen.

Wie viele Gemeinden mitmachen müssen, damit die Initiative ein Erfolg wird, darüber herrscht noch keine Einigkeit. Für die Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds, Theresia Vogel, wäre es ein Wunschszenario, dass zehn Prozent der Gemeinden (also etwa 200) jährlich zumindest ein Konzept erstellen. Ihre Türe stehe jedenfalls offen: "Wir laden alle interessierten Städte ein, treffen wir uns und reden wir über Vorhaben. Es gibt viele Hebel. Wenn Sie konkrete Anliegen haben, wenden Sie sich an uns. Ich wünsche mir, dass ein Flächenbrand an Umrüstung erfolgt."

Zeit zu handeln

Für Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, Obfrau des CCCA, wäre es hingegen zu spät, erst in zehn Jahren auch die letzte Gemeinde zu erreichen: "Die Gemeinden müssen rasch agieren und ich glaube, sie können das." Im Jahr 2040 will Österreich CO2-neutral sein und das bedeutet, es muss auch jede Gemeinde CO2-neutral sein - das sei nicht viel Zeit. Das mache der Faltplan "schön sichtbar, ohne gleich bedrohend zu wirken", meint Kromp-Kolb.

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Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb

Nicht jede Gemeinde müsse im kommenden Jahr schon in die Umsetzung gehen, aber: "Anfangen, darüber nachzudenken, gemeinsam eine Vision zu entwickeln." Und dann loslegen. "Denn wer hindert sie dann noch daran?"

Optimistisch ist schließlich auch Initiator Heller: "Das hat es noch nie gegeben, dass jede Gemeinde, jeder Bürgermeister eine Information darüber bekommen hat, was er konkret in seinem Ort tun kann." Nun gebe es aber in keiner Gemeinde mehr eine Ausrede. Außerdem gebe es "an jedem Ort potenzielle Verbündete", die die Zukunft so gestalten wollten, "dass man nicht auf unsere Gräber spucken wird, weil wir alle Chancen verpasst haben und so benommen haben, als wäre dieser wunderbare Planet eine unendliche Ressource".

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