Ein Herzstich wegen 30 Euro: Dealer zu 20 Jahren Haft verurteilt

Ein Herzstich wegen 30 Euro: Dealer zu 20 Jahren Haft verurteilt
Die Messerattacke ereignete sich nach gescheiterten Drogengeschäft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Ein eiskalter Mörder oder doch ein Mann, der zur falschen Zeit am falschen Ort war. Das sind die beiden Versionen, die die Geschworenen am Montagvormittag am Wiener Landesgericht präsentiert bekommen.

Auf der einen Seite die Staatsanwältin, die einem 32-jährigen Algerier vorwirft, wegen 30 nicht bezahlten Euro für eine „Kostprobe“ Kokain einen 27-Jährigen am Gewissen zu haben. „Er hat mit so einer Wucht zugestochen, dass der Stich durch das Herz und eine Rippe gegangen ist.“

Auf der anderen Seite die Verteidigerin des Mannes, die zugibt, dass ihr Mandant kein „netter Mensch“ sei. „Er hat ein Drogenproblem, ist wegen Suchtgifthandels vorbestraft und bricht in Wohnungen ein. In seiner Vergangenheit findet man aber keine Gewaltdelikte“, hält sie fest.

Zumindest war das bis zum 10. Dezember des Vorjahres so. Dann nämlich soll der seit 2019 illegal in Österreich aufhältige Flüchtling in einem Taxi auf einen anderen Mann mit afrikanischen Wurzeln losgegangen sein. „Mein Mann plante eigentlich, einen Entzug zu machen, aber an dem Abend wollte er in dem Klub unbedingt Kokain kaufen und machte sich auf die Suche nach einem Dealer“, berichtete die sichtlich mitgenommene Witwe. Das spätere Opfer sei noch in dem Lokal in den Stadtbahnbögen am Wiener Gürtel fündig geworden.

Der 27-Jährige verlangte eine Probe, dürfte mit der verkauften Ware aber nicht zufrieden gewesen sein, weshalb er sie retournierte. Der Angeklagte soll dann 30 Euro verlangt haben, die der 27-Jährige aber nicht hatte. Man einigte sich, zum Bankomat zu fahren. Die Gemüter dürften zu diesem Zeitpunkt bereits erhitzt gewesen sein. Der erste Taxifahrer weigerte sich, die beiden mitzunehmen, weil sich der Streit immer weiter zuspitzte.

Ein Herzstich wegen 30 Euro: Dealer zu 20 Jahren Haft verurteilt

Der Angeklagte wies jegliche Schuld von sich – dennoch wurde er verurteilt

Der nächste Lenker ließ sie einsteigen. Die Frau vorne, die Männer hinten. In diesem Moment kam es offenbar zu einem „sehr kräftigen Stich ins Herz“ fasste der Richter das Gutachten des medizinischen Sachverständigen zusammen. Während der Täter flüchtete, flüsterte der 27-Jährige seiner Frau noch „Messer“ zu, ehe er das Bewusstsein verlor. Obwohl der Taxifahrer in nur drei Minuten ins AKH raste, verloren die Notärzte den Kampf um das Leben des Verletzten.

Wegen Augen überführt

Dass drei Tage später der Angeklagte festgenommen werden konnte, war dem Taxler und der Frau des Opfers zu verdanken. Zweitere war vom Kauf bis zur Attacke dabei, sodass ihr die „auffällig hellen Augen“ des Angreifers, die Körpergröße von 1,60 Meter und dessen Herkunft, die er am Weg aus dem Klub erwähnte, in Erinnerung blieben. Basierend auf diesen Merkmalen legte die Polizei der Frau acht Fotos vor. Mit „90-prozentiger Wahrscheinlichkeit“ erkannte sie den 32-Jährigen wieder. Dem Taxilenker wurden dieselben Aufnahmen vorgelegt. Auch er identifizierte mit hoher Sicherheit denselben Mann. Bei der Festnahme trug der Wohnungslose ein Messer, bei dem es nicht um die Tatwaffe handelte, sowie einen Pfefferspray bei sich. Zur Tatnacht behauptete er, keine Erinnerung zu haben, laut Staatsanwältin und Richter verhielt er sich während der gesamten Ermittlungen recht unkooperativ.

Eine Strategie, die ihm insofern nicht half, als dass der Angeklagte zur Tatzeit mit dem Handy in unmittelbarer Nähe des Angriffsorts eingeloggt war. Außerdem sagten Kellner des Lokals aus, der Mann sei öfter dort gewesen – wohl auch für Drogengeschäfte.

Dem psychiatrischen Sachverständigen zufolge verkaufte der Beschuldigte nicht nur Suchtgift, sondern konsumierte dieses regelmäßig: „Er kam bereits im neunten Lebensjahr mit Cannabis in Kontakt.“ Bei der Festnahme hatte der Mann einen regelrechten Drogencocktail im Blut. Zurechnungsfähig sei er zum Tatzeitpunkt dennoch gewesen.

Die Verteidigerin des Mannes argumentierte, dass der Angeklagte Minuten nach der Tat einer Bekannten geschrieben habe, es gehe ihm gut. Ein aus ihrer Sicht untypisches Verhalten nach einer Bluttat. Die Geschworenen sahen das anders und gingen mehrheitlich von einer vorsätzlichen Tötung aus. Wegen Mordes wurde er zu 20 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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