Ein Esstisch vom ganz persönlichen Baum

Ein Esstisch vom ganz persönlichen Baum
Tischler setzen auf regionale und rückverfolgbare Möbel. Per GPS, Livestream und Fingerabdruck des Baumes

Auf den ersten Blick ist alles wie immer. Ein lautes „Baum fällt“ hallt bei Schlägerungsarbeiten einer Tauernlärche im oberen Mölltal durch den Kärntner-Wald. Und mit einem fast ebenso lautem Krachen geht der 250 Jahre alte Baum zu Boden. Doch dann passiert etwas unübliches: Der Forstarbeiter zückt ein GPS-Gerät, hält Datum, Uhrzeit, Längen- und Breitengrad fest, an dem die Lärche auf 1.610 Metern Seehöhe gestanden hat. Aus ihr wird ein Esstisch. Einer, bei dem die Kunden genau wissen, woher das verarbeitete Holz kommt: Lokal, nachhaltig, regional produziert und rückverfolgbar. Das ist das Konzept von „Mölltal Möbel“.

Gegründet hat das Unternehmen Peter Lindner. „Wir haben gesehen, dass die Kunden Nachhaltigkeit und vor allem eine Rückverfolgung gerade auch beim Holz schätzen“, erzählt der Mann, der mit fünf Tischlereibetrieben und einem Sägewerk die Idee in die Tat umgesetzt hat.

Livestream für Kunden

Lindner selbst ist eigentlich Versicherungsmakler. „Gerade das obere Mölltal hat massiv mit Abwanderung zu kämpfen, darum habe ich mir überlegt, wie man dem entgegenwirken könnte“, erzählt der Unternehmer. Er erstellte, ganz der Makler, eine Analyse, die zeigte, dass gerade das holzverarbeitende Gewerbe in der Region stark vertreten ist. Und somit auch Tischler, die jede Menge Know-how mitbringen. Geschäftspartner Johannes Meleschnig brachte als Programmierer das technische Wissen mit.

Denn ein Kunde, der sich ein Designstück der Mölltal Möbel kauft, kann nicht nur „seinen Baum“ per GPS-Daten zurückfolgen. „Wir haben eine Smartphone-App entwickelt, mit der der Kunde, entweder in Echtzeit oder aufgezeichnet, entscheidende Produktionsschritte seines Möbels in der Tischlerei mittels Stream verfolgen kann“, erklärt Lindner.

Diese Rückverfolgbarkeit mag für manche nach Luxus-Spielerei klingen, dass sie aber gerade in der Holzbranche immer wichtiger wird, zeigt ein Rückblick auf die Jahre 2016 und 2019. Damals waren mehrere österreichische Holzunternehmen massiv in die Kritik geraten, weil ihnen vorgeworfen wurde, illegal Holz in Rumänien geschlägert und dessen Herkunft verschleiert zu haben. Auch eine Zusammenarbeit mit der Holzmafia stand im Raum. Zur Erklärung: In Rumänien finden sich die letzten Urwälder Europas, diese sind durch illegale Schlägerungen bedroht.

Künstliche Intelligenz liefert Fingerabdruck des Baumes

In Kärnten will man zur Nachverfolgbarkeit der Herkunft des Holzes nun sogar auf künstliche Intelligenz setzen: „Jede Schnittfläche eines Baumes ist wie der Fingerabdruck eines Menschen. Mit einem Foto dieser Schnittfläche würden alle Daten des Baumes übernommen und unveränderbar abgespeichert werden“, erklärt Lindner. Das Unternehmen setzt auf „Timber Ident“. Beim Fällen werden die Stämme mit einem Gerät erfasst und in einer Datenbank abgespeichert. Der aufgenommene Standort und die Schlägerungsdaten lassen sich im Nachhinein nicht mehr verändern. „So erhält jeder Endverbraucher eine Herkunftsgarantie“, sagt der Unternehmer.

Dass Kunden, gerade seit Corona, auf lokale Produkte setzen, kann der Kärntner bestätigen. „Aber Corona hat uns auch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir wollten im vergangenen Jahr mit Roadshows unsere Produkte gerade bei Architekten bekannt machen. Daraus wurde nichts.“

Möbel im Schatten des Großglockners

Die Ideen gehen den kreativen Köpfen im Süden Österreichs dennoch nicht aus. Von Anfang Juli bis Mitte September soll es am Fuße des Großglockners zum zweiten Mal die höchste Möbelausstellung Österreichs geben. Und dann gibt es immer noch einen potenziellen Promi-Auftrag aus Wien, wo ein ganzes Haus in Grinzing innen und außen mit Mölltaler Holz saniert werden soll. Auftraggeber ist der Dirigent und Direktor der Philharmonie der Universität Wien, Vijay Upadhyaya. Man darf auf den Klangkörper des rückverfolgbarem Mölltaler Holzes gespannt sein.

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