Dorf bekämpft Abschiebungen

Die Polizei wollte einen syrischen Flüchtling abholen. Einwohner versuchten das zu verhindern.
Unverrichteter Dinge musste die Polizei aus dem Bregenzerwald abziehen.Ein Zufall verhinderte die Abschiebung eines Flüchtlings.

Um 9 Uhr fuhr die Polizei am Montag mit mehreren Autos vor dem Flüchtlingsheim in Alberschwende, Vorarlberg, vor. Die Beamten wollten einen Syrer abholen, der nach Ungarn abgeschoben werden soll. "Er war aber gerade nicht im Haus. Das war ein glücklicher Zufall", erzählt Angelika Schwarzmann, Bürgermeisterin des 3000-Einwohner-Orts im Bregenzerwald. Sie hat von dem Einsatz erfahren, als er bereits lief.

Dorf bekämpft Abschiebungen
Angelika Schwarzmann, Bürgermeisterin von Alberschwende, wehrt sich gegen die Abschiebung von Flüchtlingen aus ihrer Gemeinde.
Über eine Telefonalarmkette, der 150 Personen angehören, konnte die Ortschefin schnell rund 20 Einheimische mobilisieren, die gegen die drohende Abschiebung auftraten. Die lokale Initiative "Wir sind Asyl" stemmt sich seit Wochen dagegen, dass mehrere syrische Flüchtlinge im Rahmen des Dublin-Abkommens in das Land zurückgeschoben werden sollen, in dem sie zuerst aufgegriffen wurden. "Bei vier von ihnen ist das Ungarn, in dem unserer Ansicht nach unrechtmäßige Zustände für Asylwerber herrschen", erklärt Schwarzmann.

Tatsächlich ist das Land zuletzt immer wieder heftig für den Umgang mit Flüchtlingen kritisiert worden. "Wenn ein Land nicht fähig ist, Flüchtlinge aufzunehmen, dann muss man handeln. Wir sind da besser gerüstet. Diese Leute werden herumtransportiert und wissen nicht, wie ihnen geschieht", kritisiert die Vorarlbergerin.

Die Polizei musste gestern nach rund einer Stunde wieder unverrichteter Dinge abziehen, nachdem sie den Mann auch bei einer Durchsuchung des Ortes nicht finden konnte. Es wird nicht der letzte Versuch der Behörden bleiben. "Wir müssen jetzt jeden Tag mit Abschiebungen rechnen", sagt die Bürgermeisterin. Bis Mitte Juni enden die Fristen zur Abschiebung der syrischen Flüchtlinge im Ort, die im vergangenen Herbst über Ungarn nach Österreich gelangt sind. Alle bisherigen Bescheide fielen negativ aus.

Keine Abschiebepflicht

"Es gibt ein Recht zur Abschiebung, aber keine Pflicht", zeigt die Kommunalpolitikerin den Spielraum der Behörden auf. Sie weiß aber auch: "Es gibt große Angst vor einem Präzedenzfall."

Über Ungarn führt eine der wichtigsten Flüchtlingsrouten in die EU. Das Land ist für die meisten Asylsuchenden, wie Österreich, nur Zwischenstopp auf dem Weg in den Norden. Verzichtet Österreich auf eine Abschiebung innerhalb von sechs Monaten, muss es sich um die Asylsuchenden kümmern. Genau darauf baut Schwarzmann: "Wir wollen diese Leute integrieren und sind froh, dass wir sie haben." Die Flüchtlinge würden Arbeiten in der Gemeinde verrichten, die dringend zu tun seien. Zu Ostern kam es aber, wie berichtet, zu einer Attacke auf das Flüchtlingsheim. "Die Solidarität ist seither aber eher noch größer im Ort", sagt die Bürgermeisterin.

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