Dinkhauser-Rückzug: Ein Polterer gibt den Taktstock ab

Dinkhauser-Rückzug: Ein Polterer gibt den Taktstock ab
Fritz Dinkhauser tritt als Obmann seiner Partei ab. Der Tiroler war Trendsetter: Er zeigte das Potenzial von Protestlisten auf

2008 schlug seine große Stunde: Aus dem Stand heraus katapultierte Fritz Dinkhauser seine nach ihm benannte „Liste Fritz“ in den Tiroler Landtag und eroberte mit 18,3 Prozent Platz zwei. Die absolute Mehrheit der ÖVP, in welcher der Innsbrucker politisch groß geworden war, war gebrochen. Und Landeshauptmann Herwig van Staa musste an Günther Platter übergeben.

Der langjährige Tiroler Arbeiterkammer-Präsident hatte ein Polit-Beben in seiner Heimat ausgelöst und gezeigt, welcher Erfolg für eine neue Partei möglich ist. Und das lange bevor einem Frank Stronach, ein Matthias Strolz mit den Neos (beide 2013) oder ein Peter Pilz (2017) Vergleichbares auf Nationalratsebene gelungen war.

Fehler des Polit-Profis

Dinkhauser war Vorbote für die Fragmentierung des Parteiensystems in Österreich, das über Jahrzehnte von ÖVP, SPÖ und FPÖ bestimmt wurde und in das die Grünen 1986 zusätzliche Farbe brachten. Dass er sich selbst 2008 zu einer erfolglosen Nationalratskandidatur hinreißen ließ, sei „ein Wahnsinn“ gewesen, erklärte er am Donnerstag bei einer Bilanz-Pressekonferenz.

Dort kündigte das Urgestein an, am Samstag beim „Bürgertag“ seiner Liste nicht mehr als Obmann zu kandidieren. „Die Mission ist erfüllt. Die Zeit ist reif“, sagte Dinkhauser. Bereits bei der Landtagswahl 2013 war er – gesundheitlich angeschlagen – nicht mehr als Spitzenkandidat für seine Liste angetreten, die prompt auf knapp über fünf Prozent abstürzte und auch 2018 nur knapp den Wiedereinzug schaffte.

Dinkhauser war nicht nur Namensgeber, sondern auch Gesicht seiner Partei. Laut und wortgewaltig, nie um einen schlagzeilen-tauglichen Spruch verlegen, erlangte er bereits als AK-Präsident (1991 bis 2008) österreichweite Bekanntheit. Zum Ende seiner Amtszeit hin ritt er vor allem Attacken gegen seine Tiroler Volkspartei und stürzte diese mit einer kurz vor der Wahl aufgestellten Partei schließlich in eine veritable Krise. Mit deftigen Worten warf Dinkhauser den Schwarzen Freunderlwirtschaft, Bonzentum und Verkrustung vor.

Dinkhauser-Rückzug: Ein Polterer gibt den Taktstock ab

Das Ruder bei der Liste Fritz übernimmt Andrea Haselwanter-Schneider

Übergabe

Er sei einer der „letzten Typen in der Politik“, erklärte Fritz-Abgeordneter Markus Sint am Donnerstag zum Abschied. Gemeinsam mit Dinkhausers designierter Nachfolgerin Andrea Haselwanter-Schneider bildet Sint ein Zweier-Gespann im Landtag. Dort führen sie Dinkhausers Fehde mit der Volkspartei fort und werken als fleißige Kontrollpartei.

Dem Ziehvater der beiden fiel das Loslassen schwer. Und wenn er hin und wieder noch für vereinzelte Auftritte auf die Polit-Bühne trat, war stets klar, wie sehr sie ihm fehlte. Die Statur des Polit-Pensionisten lässt immer noch den einstigen Hammerwerfer und Olympia-Bobfahrer erahnen. Und wenn er das Wort ergreift und sich in Rage redet, dann blitzt der alte Polterer schnell wieder auf. Zuletzt war das etwa vor einem Jahr der Fall, als Dinkhauser sich mit seiner Partei gegen eine mögliche Olympia-Bewerbung Tirols stemmte.

Erfolgreich habe man „ Olympia 2026 in Tirol verhindert“, zählte der 78-Jährige auch das Nein beim Votum der Bevölkerung bei den Erfolgen seiner Liste auf. Mit dem Parteigründer verlässt ein Urgestein das Polit-Parkett, das abseits von heute gängigem Marketingsprech verstanden hat, Botschaften in einfachen Worten an die Wähler zu bringen. Dass weniger das Florett als der Bihänder zum Einsatz kam, mussten Dinkhausers Gegner mitunter schmerzlich feststellen.

Dinkhauser in Zitaten

„Aussi aus die Staudn“, das war und ist der Wahlspruch Fritz Dinkhausers, den er über Jahre hinweg auch seinen damaligen ÖVP-Parteifreunden entgegenwarf.

„Das Hirn war viel zu groß, das Herz viel zu klein“, meinte der damalige AK-Präsident zur ÖVP unter Wolfgang Schüssel, nach dessen Wahlniederlage 2006.

„In einem Boot, wo die Bauern am Steuer sitzen und die Buggler rudern, habe ich nichts verloren“, lässt Dinkhauser im Herbst 2007 seine ÖVP wissen und kandidiert im Jahr darauf mit eigener Liste.

 „Ich bin nicht der Messias“, gab sich der Tiroler  2008 in Wien bescheiden und wollte nach dem Tiroler Landtag auch das Parlament in der Hauptstadt entern.

„Die heiße Luft Dinkhauser hat dich zum Landeshauptmann gemacht. Sonst wärst du maximal Polizeibeamter in Zams geworden“, 2011 bei einem Wortduell mit Günther Platter im Landtag.

„Ich habe es satt, dass mir dauernd auf die Schulter geklopft wird“, erklärt Dinkhauser 2013 seinen Rückzug aus der ersten Reihe seiner Partei. Ab nun will er nur noch „Schutzpatron“ sein

 

 

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