Digitalisierung: Bei Onlineangeboten soll es klick machen
Finanzgeschäfte online erledigen? Das gehört für viele längst zum Alltag. Aber wie wäre es, wenn sich mit wenigen Mausklicks eine Firma gründen, ein Zeugnis übermitteln oder eine ärztliche Anamnese einsehen ließe? Was in Österreich für viele noch undenkbar ist, ist in Estland gelebte Praxis.
Vor 30 Jahren hat das Land im Norden Europas begonnen, eine „digitale Gesellschaft“ aufzubauen – ein Ansatz, für den Estland mittlerweile weltberühmt ist. Der erste Schritt wurde mit der Einführung von Identitätscodes für jeden Einwohner gemacht, mittlerweile kann man damit auf sämtliche öffentliche Dienstleistungen und persönliche Dokumente zugreifen. Über 3.000 Services können die Esten aktuell online nutzen. Den Amtsweg muss damit nur noch einschlagen, wer sich trauen oder scheiden lassen will – doch selbst das soll künftig online möglich sein.
Bewusstsein schaffen
Eine gesellschaftliche Entwicklung, von der Niederösterreich lernen möchte. Im kommenden Frühjahr wird am Campus Tulln das „Haus der Digitalisierung“ eröffnet, das die Möglichkeiten von digitalen Lösungen aufzeigen soll. Klein- und Mittelunternehmen sollen davon ebenso profitieren wie Otto Normalverbraucher.
„Es geht nicht um Digitalisierung als Selbstzweck, sondern darum, den Mehrwert für die Bürger zu vermitteln“, sagt Wirtschafts- und Digitalisierungslandesrat Jochen Danninger (ÖVP). Denn was Estland in den letzten Jahrzehnten gelungen ist, muss sich Niederösterreich erst mühsam erarbeiten: Ein hohes Vertrauen der Bürger in den verantwortungsvollen Umgang des Staates mit persönlichen Daten, die Entwicklung eines technischen Sicherungskonzeptes sowie – und das ist der Knackpunkt – die Einbettung digitaler Angebote in den Alltag. Diese werden nämlich nur genutzt, wenn sie klare Vorteile bringen. In Estland ist das durch Onlinewahlen und Anwendungen im Finanzbereich gelungen.
Wer demnach seine Steuererklärung online macht, bekommt das Geld deutlich schneller überwiesen, als wenn er sie schriftlich einreicht.
Transparenz bieten
Die Esten sind die Eigentümer der Daten – eine Botschaft, die über Jahre hinweg klar vermittelt wurde. Es kann jederzeit überprüft werden, wer auf die persönlichen Daten zugreift. Außerdem brauchen sogar die Ministeriumsabteilungen die Zustimmung, dass sie Daten verwenden dürfen. Das gilt auch für Ärzte oder sogar Familienmitglieder.
„Wir wollen nicht alles von Estland übernehmen, aber viele Anwendungen sind auch für uns interessant“, sagt Danninger, der Anfang der Woche mit einer Delegation Tallinn besuchte. Um künftig noch enger zusammenzuarbeiten, wurde eine Kooperationserklärung zwischen dem „Haus der Digitalisierung“ und dem estnischen Verband für Informationstechnologie und Telekommunikation unterschrieben. „Unser Ziel ist es, uns mit den Besten auszutauschen“, betont Danninger.
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