Die große Schanigarten-Unlust: Was Wiener Wirte sagen
Zufrieden schaut anders aus. Unter den Gastronomen hält sich die Freude über die Pläne der Stadtregierung, Ende März 46 öffentliche – also städtische – Schanigärten zu errichten – in Grenzen.
Der KURIER hat nachgefragt, wie es den Wirten geht und wie sie die „Schanigarten-Frage“ – die städtische und die generelle – sehen.
Die 2,8 Millionen Euro für öffentliche Schanigärten sollte man in Gastro-Tests investieren.
Zweierlei Maß
Tino Vazquez von dem Lokal Spear (7., Neubaugasse 15) hält davon nichts. „Die 2,8 Millionen Euro, die für öffentliche Schanigärten genützt werden, sollte man lieber in Gastro-Tests investieren.“ Für die Gastronomen wäre es wichtig, aufsperren zu dürfen. Die Politik würde mit „zweierlei Maß“ messen, wenn der Handel geöffnet haben darf, die Gastronomie aber stark eingeschränkt werde. „Wir müssen für alles büßen“, sagt Vazquez. Er fände es besser, wenn direkt vor den Restaurants Testmöglichkeit für geschaffen werden.
Hans Figlmüller Junior von der Schnitzel-Dynastie sieht die öffentlichen Schanigärten zwiegespalten. Es würde viel Aufwand bedeuten, weit weg vom Stammlokal quasi ein neues Lokal einzurichten. Bei womöglich gleichzeitig wenig Umsatz. Und jene Gastronomen, die schon bisher auf Caterings ausgerichtet haben, würden damit weniger Probleme als die, die das zum ersten Mal machen wollen.
Die Wienerinnen und Wiener freuen sich auf die Gastronomen und umgekehrt. Ab Ende März soll – wie berichtet – in jedem Bezirk ein öffentlicher Schanigarten aufgestellt werden. Gastronomen, die bei ihren Lokalen über keine Schanigärten verfügen, sollen diese „bespielen“ dürfen – allerdings nur, wenn die Infektionszahlen nicht weiter steigen. Diese Schanigartenareale sollen mit 2,8 Millionen Euro von der Stadt gefördert werden.
Wenn wir jetzt aufsperren, dann wird das Messer im Rücken nochmals verdreht, denn es wird für uns teurer.
Figlmüller kann es sich trotzdem vorstellen, sich für das Konzept der Stadt zu bewerben. Denn kommt die generelle Öffnung der Gastronomie tatsächlich nur über die Öffnung der Schanigärten, würde es eng: „Wenn wir jetzt aufsperren, dann wird das Messer im Rücken nochmals verdreht, denn es wird für uns teurer“.
Ob die Figlmüller-Restaurants dann aufsperren, sei unklar, denn: Nicht alle verfügen über einen Gastgarten. Die Schanigarten-Öffnung mache Sinn für Ausflugslokale im Grünen, alle anderen hätten Probleme. „Wenn es vier Tage regnet, müsste ich die frische Ware entsorgen“, sagt er. Und: „Betriebswirtschaftlich sinnvoll ist das alles nicht.“ 30.000 Euro koste etwa sein Schanigarten am Lugeck über die Sommersaison hinweg. Figlmüller hofft auf eine Öffnung im April, inklusive Innenräumen.
Ganz ähnlich wie sieht das Jessy Liu. Liu ist jung und ehrgeizig, sie führt die Restaurants Mae Aurel (1., Salzgries 3), Ginza Yipin (22., Wonkapl. 1) und vor wenigen Wochen hat sie Thailanna (22., Bodmergasse 47) eröffnet. „Einen meiner Schanigärten jetzt zu öffnen, zahlt sich nicht aus“, sagt Liu.
Ich verliere jeden Tag Geld. Derzeit ist es einfach eine reine Beschäftigungstherapie für mein Personal.
Öffnen oder nicht
Take-away funktioniere in ihren Lokalen tadellos: „Die Leute nehmen sich ihr Essen derzeit sowieso mit und essen es dann im Park oder am Donaukanal“, sagt sie. Kommt die Schanigarten-Öffnung, müssten sich die Gastronomen womöglich auch noch um das Präventionskonzept und die Datensammlung kümmern und die Tests kontrollieren. Einer Gastro-Öffnung nur mit Schanigärten erteilt sie eine Absage – und zwar „eindeutig“, wie Jessy Liu sagt.
Auch Petra Führich, die seit 28 Jahren das Restaurant Führich (1., Führichgasse) leitet, findet harte Worte: „Ich verliere jeden Tag Geld, derzeit ist es eine Beschäftigungstherapie für mein Personal“. Die einzige Lösung für sie sei eine komplette Öffnung.
Kurz vor der Krise öffnete Simon Steiner den Dogenhof (2., Praterstraße 70) neu. 70 Plätze drinnen, 75 draußen. Für ihn habe sich das Angebot in den vergangenen Monaten in Richtung qualitativem Fast Food entwickelt. Ob geballte Schanigartenplätze die richtige Lösung sind? „Das wird man erst im Herbst wissen.“ Kritisch sieht er die 50-Meter-Abstandsregel bei der Konsumation: „Die ist nicht durchführbar“, sagt er. Wer 50 Meter Abstand hält, stehe womöglich vor dem nächsten Restaurant. Er fordert nun, Streetfood unkompliziert anbieten zu können.
Vergabe per Los?
Welcher Wirt einen öffentlichen Gastgarten bekommt, wird die Wirtschaftskammer entscheiden. „Ich kann mir vorstellen, dass wir wie beim Lotto eine Ziehung unter notarieller Aufsicht machen“, sagt Peter Dobcak, Gastro-Obmann in der Kammer. „Es soll ja nicht der Verdacht entstehen, dass es zu irgendeiner Mauschelei kommt.“
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