Nach Schuldbrand: Die fliegenden Klassenzimmer

Mit Atemschutzmasken ausgerüstet holten die Schüler ihre Lernutensilien
Nach Schul-Brand wurden in Winklern 17 alternative Unterrichtsräume geschaffen. Ein Lokalaugenschein.

"So, jetzt setzt jedes Kind seine Atemschutzmaske auf! Wir verlassen die Klasse und gehen rasch durch das verrußte Stiegenhaus ins Freie." Gustav Tengg, Direktor des Schulverbunds Winklern, begleitet am Donnerstagmorgen in Etappen insgesamt 310 Schüler, die ihre Lernutensilien in Taschen, Kisten und Säcken verstaut haben, aus dem Schulgebäude.

Die Masken haben ihre Berechtigung, denn auch drei Tage nach dem Brand, der Montagfrüh durch einen Kurzschluss in der Heizungssteuerung verursacht wurde, lösen die Rußpartikel andernfalls schon nach wenigen Sekunden einen Hustenreiz aus. Das Schulzentrum bleibt folglich mehrere Wochen geschlossen, der Unterricht für 17 Klassen wurde dennoch am Donnerstag aufgenommen – in Alternativquartieren, verstreut über die 1200-Einwohner-Gemeinde.

"Wenn unser Bäcker, der Lerchbaumer Klaus, nicht um 1 Uhr Früh auf der Fahrt zur Arbeit das Feuer gesehen hätte, wäre das gesamte Schulzentrum abgebrannt", erzählt Uschi Schmutter, Wirtin vom "Turmcafé" in Winklern. Die Feuerwehr konnte dies verhindern, aber die Flammen richteten einen Schaden von 300.000 Euro an, der Amtsarzt verfügte sofort die Sperre der Schule.

"Wir haben befürchtet, dass die Kinder in andere Orte ausweichen müssen", sagt Andrea Bernhardt, Mutter der kleinen Leonie. "Doch plötzlich sieht man, wie unsere Gemeinde funktioniert, wie alle zusammenhalten", ergänzt Hermann Steiner.

Betriebe hätten sich beispielsweise spontan bereit erklärt, Bänke, Stühle und Tische aus der Schule in angebotene Alternativ-Quartiere zu transportieren.

Und so unterrichtet Michaela Bugelnig die Kinder der 3. Klasse Volksschule seit Donnerstag im Aufenthaltsraum des Altersheimes "Haus St. Laurentius". Die Lernwörter können warten, es gibt stattdessen eine Sozialstunde. "Wir gehen im Heim auf Erkundungstour, singen mit den Senioren oder spielen gemeinsam eine Partie ‚Mensch ärgere dich nicht‘", erklärt Bugelnig.

Kreidetafel reaktiviert

200 Meter weiter südlich ist die 4c der Neuen Mittelschule in einem leer stehenden Geschäft des Einkaufszentrums untergebracht. "Eine Tafel fehlt", erwähnt Lehrerin Maria Sommer. Josef Suntinger und Josef Wallner von der örtlichen Tischlerei haben sich der ausgedienten Kreidetafeln, die im Keller der Schule lagerten, angenommen. Am Freitag werden sie in allen provisorischen Unterrichtsräumen aufgestellt. Weitere 15 Klassen für die Lern- und Nachmittagsbetreuung sind im früheren Postamt, im Pfarrhaus, bei der Feuerwehr, der Musikkapelle, am Gemeindeamt, in Betrieben, Privathäusern oder im Schulturnsaal, der vom Brand verschont blieb, zu finden.

"Der Turnunterricht muss vorübergehend im Freien auf dem Sportplatz stattfinden", zuckt Tengg mit den Schultern. Der Direktor und seine 40 Lehrkräfte sind zu Krisenmanagern mutiert. "Ich denke, dass wir in wenigen Wochen den ersten Stock der Schule beziehen können. Nach Weihnachten sollten alle Kinder wieder im Schulverbund untergebracht sein", hofft Tengg.

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