Deutsche Maut-Pläne: Österreich behält sich Klage vor

Symbolfoto.
Verkehrsminister Leichtfried findet Kompromiss "diskriminierend" gegen EU-Ausländer.

Der monatelange Streit zwischen der EU-Kommission und der deutschen Bundesregierung über die Pkw-Maut ist vorerst mit einem Kompromiss gelöst. Am Donnerstag einigten sich Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und EU-Kommissarin Violeta Bulc auf eine angeblich "europarechtskonforme" Version.

Gegen die ursprünglichen Pläne, wonach deutsche Autofahrer die Maut in Form einer niedrigeren Kfz-Steuer voll zurückbekommen, drohte die EU-Kommission im September, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu klagen, weil diese Regelung EU-Bürger diskriminiert. Die Einigung sieht nun vor, dass es bei den Kurzzeit-Vignetten für EU-Ausländer fünf Preisstufen geben solle, die günstigste Variante wäre für 2,50 Euro erhältlich (siehe Info unten).

Zudem sollen Deutsche mit besonders umweltschonenden Autos stärker entlastet werden, wenn sie, wie von Dobrindt geplant, die Maut-Gebühren über die Kfz-Steuer zurückerhalten.

Deutsche Maut-Pläne: Österreich behält sich Klage vor
ABD0047_20161108 - WIEN - ÖSTERREICH: Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) am Dienstag, 8. November 2016, anl. einer Sitzung des Ministerrates in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER

Kaum war gestern dieser Kompromiss bekannt, hagelte es Kritik. Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) findet die neuen Pläne "genau so diskriminierend wie den ursprünglichen Vorschlag". Er behält sich eine Klage vor, will aber zunächst auf den Gesetzestext warten. Außerdem wirft er der EU-Kommission vor, Deutschland entgegenzukommen: "Manche Länder haben es leichter, sich zu einigen. Man muss das politische Momentum mitbedenken." Für kommende Woche kündigt Leichtfried eine Stellungnahme an die EU-Kommission an. In Brüssel traf er gestern am Rande des Verkehrsministerrates Amtskollegen aus Belgien, den Niederlanden und Polen, um eine Allianz gegen Berlin zu schmieden. Auch andere Staaten sollen eingeladen werden, der Allianz beizutreten.

Kritik kommt aber nicht nur aus Österreich. Mit der fünfstufigen Kurzzeit-Vignette sind kaum Einnahmen für den Straßenbau zu erzielen, heißt es in der SPD. Die Einigung treffe besonders Fahrer, die sich nicht das neueste Auto leisten könnten, sagt Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies. Die SPD soll die Maut-Pläne "blockieren". Für Grün-Abgeordnete ist die Maut-Einigung "ein Witz", weil sie den Staat mehr kostet als sie bringt. Dobrindt erwidert, dass die Maut weiterhin die geschätzten 500 Millionen Euro pro Jahr einbringen solle.

Die Maut war ein Prestigeprojekt der CSU im Wahlkampf 2013 und wurde seither von Dobrindt konsequent verfolgt. Ein möglicher Starttermin der Maut wäre erst nach der Wahl 2017.

Deutsche Maut-Pläne: Österreich behält sich Klage vor

Fünf Stufen Preise für Kurzzeit-Maut umfassen fünf Stufen nach Schadstoffausstoß und Motorgröße. Die Zehn-Tages-Maut soll je nach Pkw-Eigenschaften 2,50, 4, 8, 14 oder 20 Euro kosten. Insgesamt sollen sich durch das gestaffelte System die Einnahmen nicht schmälern, da sie neben niedrigeren auch höhere Preise umfassen.

Saubere Autos Deutsche Fahrer mit besonders schadstoffarmen Wagen (Euro 6) sollen eine stärkere Entlastung bei der Kfz-Steuer bekommen, als sie an Pkw-Maut zahlen müssen.

Der Preis für das Jahres-Pickerl ist auf 86,40 Euro gestiegen / Bußgelder bis zu 3000 Euro.

Türkis wird das neuen Vignettenjahr in Österreich. Das Pickerl für 2017 ist seit 1. Dezember und bis 31. Jänner 2018 auf Autobahnen und Schnellstraßen gültig, die mandarin-orange Vorgänger-Version kann noch zwei Monate lang genutzt werden. Der Preis für die Ganzjahres-Vignette ist um den Verbraucherpreisindex von 0,8 Prozent auf 86,40 Euro für Pkw gestiegen, Motorradfahrer zahlen 34,40 Euro.

"Vergessen" sollte man auf das Pickerl nicht, denn im europäischen Vergleich sind die Bußgelder in Österreich am höchsten: die Ersatzmaut beträgt 120 Euro, bei Anzeigen kann die Fahrt ohne Vignette bis zu 3000 Euro kosten.

Vorsicht ist auch bei den Nachbarn geboten: Besonders findig sind offenbar die Kontrollore in Slowenien. "Diese stoppen die Lenker mit Vorliebe an Stellen, die nur schwer als Autobahnen zu identifizieren sind", sagt Thomas Jank vom ARBÖ. Auch bei den Strafen – von 300 bis 800 Euro – sind die slowenischen Organe flexibel. Zudem gibt es stets Unsicherheiten, ob das "2A"- oder das "2B"-Pickerl erworben werden soll. Ersteres betrifft Fahrzeuge mit einer Höhe bis 1,30 Metern, die doppelt so teure "B"-Version ist für höhere Fahrzeuge vorgesehen.

Eine Fahrt durch Ungarn kann ebenfalls teuer kommen, obwohl man sich an die Regeln hält. Beim Erwerb der elektronischen Vignette wird vom Verkäufer das Kennzeichen aufgenommen – leider oft fehlerhaft. "Der Käufer bestätigt mit seiner Unterschrift die Richtigkeit der Daten, viele kontrollieren unzureichend", warnt Kristina Tauer vom ÖAMTC. Stimmt die eingetragene Nummer bei einer Kontrolle nicht mit dem Kennzeichen überein, wird eine Strafe fällig.

Auch Slowakei-Urlauber tappen oft in die selbe Falle. Viele wissen nicht, dass für einen Anhänger eine separate E-Vignette (kostet je nach Gültigkeitsdauer 10, 14 oder 50 Euro) benötigt wird. Hier kann die Unwissenheit bis zu 365 Euro kosten. Um Querelen zu vermeiden, rät der ÖAMTC, Pickerl-Belege zwei Jahre aufzuheben.

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