Gegen "rechtsextremen Bundeskanzler": Heute starten Donnerstags-Demos wieder
"Wir demonstrieren nicht gegen Österreich, wenn wir gegen Haider demonstrieren": Filmstar Michel Piccoli reiste im Februar 2000 eigens aus Frankreich an, um in Wien auf die Straße zu gehen.
150.000 bis 200.000 Menschen - je nach Angaben von Polizei oder Organisatoren - taten es Piccoli gleich. Die Großkundgebung in Wien wegen der ersten schwarz-blauen Koalition - ausgehandelt von Wolfgang Schüssel und Jörg Haider - markierte den Start der wöchentlichen Demonstrationen gegen die Bundesregierung.
Ab 24. Februar 2000 zogen traten jeden Donnerstag Protestierende in Wien auf. Ausgehend vom Bundeskanzleramt zogen sie auf unterschiedlichen Routen durch die Stadt. Diese Donnerstags-Demos hielten sich - mal mit mehr, mal mit weniger Teilnehmern - zwei Jahre lang.
Die Demos sind zurück
Mit dem Amtsantritt der Regierung unter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache im Oktober 2017 kehrten sie wieder. Und auch nun stehen sie bevor: Da die FPÖ unter Herbert Kickl und die ÖVP unter Christian Stocker miteinander verhandeln, rufen Volkshilfe, Greenpeace und SOS Mitmensch zum Protest auf.
"Alarm für die Republik: Protest gegen rechtsextremen Bundeskanzler" betitelten die Veranstalter ihre Versammlung, die um 18 Uhr am Ballhausplatz in Wien startet: Rund um das Bundeskanzleramt soll eine Menschenkette gebildet werden.
"Jetzt ist der Moment gekommen, wo wir um unsere Demokratie kämpfen müssen", schreiben die Organisatoren auf ihrer Homepage.
Protest auch in Graz und Salzburg
Auch in einigen Landeshauptstädten wird Donnerstagabend demonstriert: Das "Solidarische Team Salzburg" ruft am Hauptbahnhof Salzburg zu einer "Kundgebung gegen Blau-Schwarz"auf, in Graz das "Bündnis linker und antifaschistischer Gruppen" am Südtiroler Platz zum "Donnerstag gegen Blau-Schwarz".
Demonstrationen haben in Österreich eine längere Geschichte als wohl allgemein vermutet: Für Wien sind sie bereits seit dem Mittelalter belegt, wiewohl diese Form des Protests erst mit dem 19. Jahrhundert und dem aufkommenden Klassenkampf Fahrt aufnahm.
Die größten Demonstrationen
So demonstrierten beispielsweise 1869 20.000 Arbeiter vor dem Reichsratsgebäude, eine bis dato nie erreichte Masse an Menschen.
Die bisher größte Demonstration Österreichs fand 1993 statt: Am 23. Jänner fanden sich 250.000 bis 300.000 Menschen ein, um mit einem "Lichtermeer" gegen Ausländerfeindlichkeit sowie das der FPÖ initiierte Volksbegehren "Österreich zuerst" Zeichen zu setzen.
Im Mai 2003 demonstrierten rund 100.000 Menschen am Heldenplatz gegen die Pensionsreform, im November 2021 rund 44.000 Menschen - unter ihnen auch Rechtsextreme - gegen die Corona-Maßnahmen.
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