Damoklesschwert Ischgl über den Tiroler Sommerhotspots

Zwei Radfahrer machen eine Pause am Ufer eines Sees mit Bergen im Hintergrund.
Tirol geht mit dem Malus eines ramponierten Images in den Sommer. Nachbar Salzburg sieht sich selbst nicht als Profiteur.

Sölden, Ischgl und St. Anton am Arlberg. Das sind die großen drei in Tirol, wenn es um den Wintertourismus geht. 923.000 Gäste haben die Alpendörfer in der Saison 2018/19 beherbergt. Dieser Winter endete für alle drei Orte in der Quarantäne. Ihre Namen gingen als Hotspots der Corona-Ausbreitung in Europa um die Welt. Allen voran jener von Ischgl.

Der Sommer ist in der Gemeinde im Paznauntal seit jeher nur eine Randnotiz. Gerade einmal neun Prozent der Nächtigungen werden dort abseits der Skisaison verbucht. Das Tal startet erst Ende Juni in den Sommer und verspricht „unbeschwerten Bergurlaub“.

Luftaufnahme von Galtür, einem Dorf in den österreichischen Alpen.

Ischgl schlummert noch bis Ende Juni vor sich hin

Alles andere als unbeschwert gehen jene Destinationen in den Neustart nach dem Lockdown, für die der Sommer das Hauptgeschäft ist. Die beliebtesten Ziele in Tirol sind Innsbruck und seine Feriendörfer (580.000 Gäste) und Eben am Achensee (178.000).

Neben allen Unwägbarkeiten, die das Wiederhochfahren im Tourismus bedeutet – von möglichen Grenzsperren bis hin zu einem neuen Corona-Ausbruch – stellt sich auch die Frage: Haben die Tiroler Sommerdestinationen mit einem Ischgl-Malus zu kämpfen?

Immerhin hat das Krisenmanagement rund um die Ausbreitung des Virus zu einem massiven Imageschaden geführt – insbesondere am Kernmarkt Deutschland.

„Ich sehe da kein Problem. Wir haben keinen Ballermann und ein ganz anderes Image“, sagt Martina Entner, die direkt am Ufer das Achensees das Hotel „Entners am See“ betreibt.

Sie registriert vorerst zwar nur verhaltenes Buchen der Gäste. Aus Gespräch mit ihnen nimmt die Unternehmerin, die auch Vize-Präsidentin der Tiroler Wirtschaftskammer ist, aber mit: „Ein zweites Ischgl ist kein Thema.“

Angst vor Fall im Haus

Ein Haus weiter, im 4-Sterne-Hotel „Wiesenhof“, sieht Hans Entner die Buchungen „langsam steigen“. Dass sich die Gäste durch die Geschehnisse in Ischgl abschrecken lassen, glaubt auch er nicht. Corona sitzt dem Vorstand des TVB Achensee, dennoch im Nacken.

Ein Paar wandert mit Stöcken auf einem Berg mit Blick auf einen See und Berge.

„Über uns hängt das Damoklesschwert, was passiert, wenn es einen positiven Fall im Haus gibt. Das ist noch immer nicht geregelt“, beklagt Entner. Eine Quarantäne oder tagelange Sperre des Betriebs gilt in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage für Hoteliers als Horrorszenario. „Das ist eine sehr große Angst“, sagt auch Karl Reiter vom Posthotel Achenkirch.

Existenzbedrohend

Düster sieht es derzeit in der Landeshauptstadt aus. „Die Lage ist für einzelne Betriebe existenzbedrohend“, sagt Tourismuschefin Karin Seiler-Lall. Das ist dem internationalen Klientel geschuldet, das Innsbruck nicht mehr erreichen kann, aber auch dem Wegfall von Kongressen, Tagungen und Veranstaltungen.

Blick auf das Goldene Dachl in Innsbruck mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund.

In Salzburg wächst seit der Ankündigung, dass es – reduzierte – Festspiele geben wird, dagegen der Optimismus. „Das ist wirklich ein gutes Zeichen. Ich bin froh, dass die Verantwortlichen mit der Entscheidung so lange zugewartet haben“, sagt Georg Imlauer, Hotel-Fachgruppenobmann in der Wirtschaftskammer und selbst Betreiber von drei Hotels.

Abgesehen vom August sieht es für die Stadthotels aber auch in Salzburg nicht gut aus. „Die Buchungslage ist sehr zaghaft“, sagt Imlauer. Die Kollegen in den Ferienregionen haben es etwas leichter. „Sie haben die Chance auf einen respektablen Sommer. Aber auch da muss man vorsichtig sein, es wird sich auf Juli und August konzentrieren“, erklärt Imlauer.

Ein Mann mit Tattoos würgt einen anderen Mann während einer Aufführung der Salzburger Festspiele „Jedermann“ im Jahr 2019.

Die Stadt Salzburg hofft auf die Festspiele

Wolfgang Breitfuß, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Saalbach-Hinterglemm, bestätigt das: „Seit fix ist, dass die deutsche Grenze aufgeht, hat die Nachfrage stark angezogen. Das ist sehr positiv, nur mit Österreichern wäre es schwierig geworden.“

Dass andere Regionen vom negativen Image Tirols wegen Ischgl profitieren können, bezweifeln die Touristiker. „Ich glaube nicht, dass das sehr auf Salzburg ausstrahlen wird. Die Infektionszahlen entwickeln sich auch in Tirol sehr gut. Die deutschen Gäste werden Tirol die Treue halten“, sagt Imlauer.

Ein Banner zum Thema Coronavirus mit Informationen und Grafiken.

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