Coronakrise: Junger Neos-Politiker als Insider im Zivildienst
Es hört sich spannend (und irgendwie lässig) an, was Yannick Shetty da erzählt: Nächtens durch die menschenleeren Straßen Wiens zu rasen – mit Blaulicht am Dach, während man aus der Notrufzentrale nach und nach erfährt, was einen am Zielort erwartet. Bereit, gespannt, hellwach.
Der 24-jährige Neos-Abgeordnete erinnert sich noch gut an seinen Zivildienst als Rettungssanitäter beim Roten Kreuz – sechs Jahre ist das her. Heute ist alles anders.
Heute haben wir eine globale Pandemie, die in Österreich bereits 158 Todesopfer gefordert hat. Mehr als 11.000 Menschen sind infiziert. Und der „Peak“, der Gipfel, ist noch nicht erreicht.
2.000 Freiwillige
Shetty will helfen, diesen Peak zu bewältigen, und hat sich als außerordentlicher Zivildiener gemeldet. Heute, Samstag, hat er seinen ersten Tag bei der Bezirksstelle Floridsdorf-Donaustadt des Samariterbunds.
Der Neos-Politiker ist einer von rund 2.000 jungen Männern, die ihren Zivildienst eigentlich schon hinter sich haben, sich nach einem Aufruf der Regierung aber für zwei bis drei Monate wieder in den Dienst der Gesellschaft stellen. Dazu kommen noch 1.500 aktive Zivildiener, deren Dienst verlängert wird.
Die Regierung hatte angekündigt, dass ehemalige Zivildiener eingezogen werden könnten, wenn der Bedarf im Gesundheitsbereich es erfordert. Das ist laut Bundesverfassung bei jedem Ex-Zivildiener bis zu seinem 50. Lebensjahr möglich. Zunächst aber setzt man auf Freiwilligkeit – je mehr sich melden, desto weniger wahrscheinlich wird die Zwangsverpflichtung.
„Die Neos sind zur Wehrpflicht ja immer skeptisch – von Zwang halte ich auch in der jetzigen Krise nichts. Deshalb wollte ich ein Zeichen setzen und habe mich freiwillig gemeldet“, erklärt Shetty, der übrigens dafür plädiert, den Aufruf auf Frauen und Untaugliche auszuweiten.
Sie können sich derzeit nur als ehrenamtliche Helfer melden – ehrenamtlich, also unbezahlt. Als außerordentlicher Zivildiener erhält man rund 1.500 Euro plus Entschädigung bei Verdienstentgang. Seine Pauschale will Shetty an „Ärzte ohne Grenzen“ spenden.
Von innen beurteilen
Was ihn im Dienst erwartet, kann er derzeit nur erahnen. Zivildiener werden inzwischen auch für Abstriche bei Corona-Verdachtsfällen eingesetzt (siehe Bericht links).
Shetty wird im Dienst die politische Brille nicht ablegen. „Viele, die im Gesundheitsbereich arbeiten, wollen auf Probleme aufmerksam machen, aber niemand hört sie. Von außen ist das schwierig zu beurteilen. Ich schaue mir das jetzt an – wenn es stimmt, werde ich es thematisieren“, sagt der Politiker.
Heute startet er mit einem Nachtdienst beim Samariterbund. Noch bevor er sich mit den Gerätschaften im Rettungswagen vertraut macht und sich in Erinnerung ruft, was er im Sanitäterkurs gelernt hat, wird er eingewiesen, wie mit Corona-Patienten umzugehen ist. Denn, wie gesagt: Nichts ist mehr wie damals. Raffaela Lindorfer
Kommentare