CBD-Boom: Teure Tests wegen unklarer Gesetze
An wohl keinem anderen Ort in Österreich findet man so eine große Auswahl an Drogen wie im dritten Stock des Bundeskriminalamts in Wien. Im Büro für Kriminaltechnik werden täglich rund um die Uhr Proben aus Sicherstellungen der Polizei untersucht.
Der KURIER durfte gemeinsam mit dem Leiter des Büros, Robert Hirz, und dem Leiter des Büros zur Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität, Daniel Lichtenegger, einen Blick ins Labor der Kriminaltechniker werfen.
„Jährlich analysieren wir in 3.500 bis 4.000 Proben von Cannabis die Wirkstoffgehalte. Die Proben stammen aus einer sichergestellten Menge von rund einer Tonne pro Jahr. Darüber hinaus wird zirka die gleiche Probenanzahl an anderen Suchtmitteln untersucht“, erklärt Hirz. Um diese Menge an Tests durchführen zu können, sind mehrere sogenannte Gaschromatographen zeitgleich im Einsatz.
Die Menge macht’s
Die Analyse des Wirkstoffgehalts ist wichtig, weil in Österreich nicht die Menge der sichergestellten Drogen das Strafmaß ausmacht, sondern der enthaltene Wirkstoff.
Ein Beispiel: Findet die Polizei fünf Kilo Kokain, wird der Dealer nicht automatisch wegen dieser Menge angezeigt, sondern wegen der tatsächlich enthaltenen Wirkstoffmenge. Ist der Stoff so gestreckt, dass er die Grenzmenge von 15 Gramm unterschreitet, macht sich der Dealer „nur“ eines Vergehens und nicht eines Verbrechens schuldig.
Stellt die Polizei von vorne herein Mengen unter den jeweiligen Grenzmengen sicher, werden die Proben erst gar nicht zur Analyse ans Labor geschickt, sondern per Schnelltest von den Beamten vor Ort untersucht.
Hier gibt es aber eine Ausnahme, nämlich Cannabis. Seitdem CBD-Rauchwaren boomen und Growshops Gras mit geringem THC-Gehalt verkaufen, ist die Kriminaltechnik immer öfter gefordert: „Es gibt kein Cannabis, das überhaupt keinen THC-Gehalt hat. Deshalb ist mittels Vortests nicht überprüfbar, ob der Grenzwert von 0,3 Prozent THC in den Blüten überschritten wird. Rechnet man die Kosten für die Labortests zusammen, kommt man pro Jahr auf eine Summe im hohen sechsstelligen Bereich“, sagt Hirz.
Großer Aufwand
Jedes Mal, wenn die Polizei also Cannabis sicherstellt, müssen Proben eingeschickt werden – egal, ob die Konsumenten Rechnungen von CBD-Shops bei sich haben.
0,3 Prozent
THC-gehalt dürfen Cannabispflanzen haben, um nicht als Droge zu gelten
4.000 Proben
Cannabis werden pro Jahr im Labor des Bundeskriminalamts auf die Inhaltsstoffe untersucht. Zirka genauso viele andere Drogen werden im gleichen Zeitraum analysiert
250 Millionen Euro
erwirtschaften Hanfunternehmen in Österreich pro Jahr laut Wirtschaftsverband Cannabis
300 Unternehmen
haben sich in Österreich auf das Geschäft mit CBD und Hanf spezialisiert. Das sichert rund 1.500 Arbeitsplätze
Spannend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die 0,3-Prozent-THC-Grenze eigentlich auch nur für bestimmte Produkte gilt, sagt Daniel Lichtenegger: „Dieser Grenzwert bezieht sich nur auf Nutzhanf-Sorten und das Saatgut muss im EU-Sortenkatalog zertifiziert sein. Das mit dem CBD-Hanf ist eine Grauzone. Ich glaube nicht, dass ein großer Teil der verkauften Ware in Growshops richtige Nutzhanf-Sorten sind. Aber wenn die Sorten nicht zertifiziert sind, sind die Händler de facto Drogendealer.“
Die werden aber keineswegs alle verfolgt, denn problematisch ist in Sachen Cannabis vor allem, dass es keine klaren Gesetze gibt und sich die Händler oft im rechtsleeren Raum bewegen.
Schwierige Rechtslage
Die Überwachung der Cannabis-Produkte ist laut Lichtenegger eine Querschnittsmaterie, die in viele Zuständigkeitsbereiche fällt. Nahrungsergänzungsmittel fallen etwa unter das Lebensmittelrecht, Rauchwaren unter das Tabakrecht, medizinische Produkte müssen mit dem Arzneimittelrecht behandelt werden. Hier wäre der Gesetzgeber gefragt.
Auf europäischer Ebene wird gerade versucht, eine Lösung zu finden. Im Dezember findet in Wien eine Drogenkonferenz statt, in der über eine Änderung der Einstufung von Cannabis abgestimmt werden soll. Trotzdem hat eine solche Abstimmung noch keine unmittelbare Auswirkung auf die nationale Gesetzgebung.
Wichtig wäre für die Experten der Polizei eine klare gesetzliche Regelung. Einerseits müsse dem Wildwuchs der Erzeuger und Händler Einhalt geboten werden und andererseits der Schutz des Konsumenten durch Qualitätskontrollen gesichert werden – im Moment passiert das nicht.
Eine mögliche Lösung zur Kontrolle wird derzeit geprüft: Die Tabaktrafikanten wollen demnächst CBD-Rauchwaren verkaufen. Die Produkte würden dadurch regelmäßig untersucht. Für die Polizei würde das aber nichts ändern. Im Gegenteil, es ist zu erwarten, dass dann noch mehr konsumiert wird, und somit auch mehr getestet werden muss.
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