BVT-Affäre: Ex-Spionagechef wegen Nordkoreaner-Observation vor Gericht

International herrscht Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen des BVT
Die Überwachung der Delegation soll laut WKStA unrechtmäßig erfolgt sein. Vorwurf des Amtsmissbrauchs.

Die Turbulenzen rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) haben am Donnerstag am Wiener Landesgericht ein gerichtliches Nachspiel erlebt - wenn auch nur in Nebenaspekten. Angeklagt ist unter anderem der frühere Leiter der Spionageabwehr. Ihm wird vorgeworfen, er habe Delegationen aus Nordkorea unrechtmäßig überwacht. Der Angeklagte betonte vor dem Schöffengericht, dass Gruppen aus Nordkorea per se eine Gefährdung darstellten.

Zum Vorwurf der ungerechtfertigten Observation der nordkoreanischen Delegation führte der Verteidiger des Angeklagten ins Treffen, dass es ja gar keine Reise- oder Touristengruppen aus Nordkorea geben könne, es sich also nur um regimetreue Funktionäre handeln konnte. Nordkorea sei eine Diktatur, die heute im Kriegszustand stehe. Unverständnis gab es auch für den Vorwurf, er habe den Rechtsschutzbeauftragten nicht informiert. Immerhin seien etliche Personen im BVT von der Maßnahme informiert gewesen, diese hätten diesen Schritt aber ebenfalls nicht gesetzt.

Auch der Hauptangeklagte selbst nutzte sein Recht für eine Stellungnahme, um ein als umfangreich angekündigtes Referat zu den generellen Aufgabenbereichen der Spionageabwehr zu halten. Vor allem wollte er damit beweisen, dass durch den Besuch der Nordkoreaner sehr wohl eine "unmittelbare Gefahr" bestanden habe, was die Anklagebehörde anders sieht. Im BVT habe man "von ganzem Herzen die Republik schützen" wollen, beteuerte er.

Vorwurf des Amtsmissbrauchs

Dem Hauptbeschuldigten wird außerdem vorgeworfen, Konsumationen in Lokalen fälschlicherweise als in dienstlichem Interesse deklariert und damit zu Unrecht Spesen verrechnet zu haben. Der von der WKStA bezifferte Schaden: 700 Euro. Die Anklage vor dem Schöffengericht lautet auf Amtsmissbrauch, die Strafdrohung liegt zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.

Wirtschaftliche Konsequenzen hat der ehemalige Spionagechef, der bereits vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur BVT-Affäre ausgesagt hatte, schon erlebt. Der ehemalige Beschäftigte im ÖVP-Klub war wegen anderer Verfehlungen entlassen worden. Derzeit ist er laut eigenen Angaben beim AMS gemeldet.

Neben dem ehemaligen Spionagechef standen am Donnerstag auch ein ehemaliger BVT-Gruppenleiter, der sich ebenso wegen der fehlenden Meldung an den Rechtsschutzbeauftragten verantworten musste, vor Gericht. "Mein Mandant ist kein Jurist, er ist ein Vollzugsbeamter", sagte dessen Anwalt. Zudem sei der Mann "nicht für würdig" erachtet worden, zu datenschutzrechtlichen Aspekten im BVT ausgebildet zu werden.

Als dritter Angeklagter musste sich der Obmann einer Kleinstpartei vor Gericht verantworten, der der Schwiegervater des Hauptangeklagten ist. Er hatte seinen Schwiegersohn via E-Mail gebeten, die Daten eines Mieters zu überprüfen, der nach einem "Urlaub in Libyen" nach Wien zurückgekehrt war. Ihm wird die versuchte Anstiftung zum Amtsmissbrauch vorgeworfen. Sein Mandant habe dem Ex-Spionagechef lediglich den Sachverhalt zur Kenntnis bringen wollen, sagte dessen Verteidiger. Gewinnen habe er im Mietrechtsverfahren damit ohnehin nichts können, denn: "In Mietrechtsverfahren ist auch ein offizieller Terrorist geschützt."

Öffentlichkeit teilweise ausgeschlossen 

Dem Antrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die Öffentlichkeit für den gesamten Prozess auszuschließen, war zwar nicht stattgegeben worden. Die Anklagebehörde hatte befürchtet, dass durch die Preisgabe von Details zur Arbeit des Verfassungsschutzes die nationale Sicherheit gefährdet werden könnte. Allerdings wurde die Öffentlichkeit zum Teil ausgeschlossen, etwa gleich zu Beginn beim Vortrag der Anklage.

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