Buhlen um Fachkräfte beherrscht Arbeitsmarkt: Droht ein Einbruch?

Buhlen um Fachkräfte beherrscht Arbeitsmarkt: Droht ein Einbruch?
Salzburgs AMS-Chefin über die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt. Eine Prognose abzugeben sei im Moment schwierig.

Jacqueline Beyer leitet seit 2018 das Arbeitsmarktservice in Salzburg. Sie kennt die Höhen und Tiefen am heimischen Markt so gut wie kaum jemand.

KURIER: Wie ist die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt?

Beyer: Wir haben seit März Vollbeschäftigung, also eine Arbeitslosenquote von unter vier Prozent. Die Zahl der Jobsuchenden sank in der Corona-Zeit von 30.000 auf 7.500. Wir haben in Salzburg derzeit um 7.000 Beschäftigte mehr als 2019. Das ist grundsätzlich sehr erfreulich. Der Salzburger Arbeitsmarkt ist stark durch den Tourismus geprägt. Da gelingt es uns auch regelmäßig, Arbeitskräfte aus Ostösterreich für eine Stelle in der Hotellerie zu gewinnen. In Österreich haben wir aber nicht genug Jobsuchende. Im EU-Ausland gibt es in Spanien, Italien und Griechenland aufgrund hoher Arbeitslosigkeit Potenzial. Dort bieten wir laufend Jobbörsen an. Das Ministerium hat für den Winter das Saisonkontingent für Drittstaaten von 390 auf 890 erhöht.

Wer ist in der von Hochkonjunktur geprägten Lage noch arbeitslos? Wie kann man diesen Menschen helfen?

40 Prozent der aktuell arbeitslosen Menschen haben nur einen Pflichtschulabschluss. Fast ein Drittel hat gesundheitliche Einschränkungen und ist deshalb schwieriger zu vermitteln. Corona hat psychische Erkrankungen massiv steigen lassen. Es sind Menschen, die schon tief unten sind und nur noch schwer in ein geregeltes Leben zurückfinden. Es ist uns gelungen, die Quote bei den Langzeitarbeitslosen um 44,7 Prozent zu senken. Das freut mich sehr. 65 Prozent aller Menschen, die vom AMS Eingliederungshilfe bekommen, bleiben dann auch länger in den Betrieben.

Wie massiv war der Einschnitt durch Corona? Gibt es noch Nachwehen?

Die Salzburger Wirtschaft konnte sich rasch erholen. Mit 805 Millionen Euro an Corona-Kurzarbeitsgeld konnten wir 107.000 Menschen vor Arbeitslosigkeit schützen. Aktuell ist die Lage schon eine andere. Seit Juli gibt es die Auflage, dass im Falle von Kurzarbeit der Arbeitsmarkt ganz genau geprüft werden muss.

Das Möbelwerk Voglauer meldet als erster Salzburger Betrieb nach neuem Kurzarbeitsmodus 226 Mitarbeiter an. Der Grund sind Auftragseinbrüche in Deutschland. Warum wollten Sie dem nicht zustimmen?

Es geht in dieser Situation weniger darum, was das AMS möchte, sondern wie der aktuelle Arbeitsmarkt aussieht. Es ist schwierig, Kurzarbeit zu genehmigen, wenn die Menschen dringend gebraucht werden und Vollzeit arbeiten könnten. Sie könnten sofort woanders anfangen. Wir haben 100 offene Stellen für Tischler, 83 für Produktionsmitarbeiter und 25 für Büroangestellte. Im Tennengau gibt es dazu 25 Betriebe, die auch beeinträchtigte Arbeitskräfte einstellen würden.

Wie sieht Ihre Zukunftsprognose aus? Könnte der Arbeitsmarkt wieder kippen und die Zahl der Jobsuchenden steigen?

Das ist im Moment schwer abzuschätzen. Es gibt Vorzeichen, dass die Vollbeschäftigung nicht halten wird. Man weiß jedoch nicht, wann ein Einbruch kommen wird. Auswirkungen der Teuerung merken wir derzeit nicht, aber wenn vor allem die hohen Energiepreise von längerer Dauer sind, wird sich der Arbeitsmarkt wieder drehen.

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